So trotzen Südstern-Partner der Krise: Falkensteiner Michaeler Tourism Group (5)

Samstag, 30.05.2020
Der Urlaub der Zukunft Drei Monate Stillstand – die Hotelbranche ist von der Corona-Pandemie stark betroffen. In Phase 2 heißt es für die Hotellerie nach vorne blicken und Urlaub neu denken. Wie das bei der Falkensteiner Michaeler Tourism Group, kurz FMTG, geht, weiß Christoph Crepaz, Managing Direktor Marketing & Sales. Ein Gespräch über das Buchungsverhalten und die Destinationen, die als Gewinner aus der Krise gehen können.

 

Herr Crepaz, über Monate kein Cent Einnahmen, die Mitarbeiter in Kurzarbeit und Homeoffice. Wie ist die Stimmung bei der FMTG ?

Christoph Crepaz: Wir haben im Jahresschnitt 2000 bis 2200 Mitarbeiter – und jetzt mehr als drei Monate verloren. Die Situation ist dramatisch, da gibt es nichts zu beschönigen. Wir sind aber auch zuversichtlich, weil wir glauben, dass die Wertschöpfung langfristig steigen wird. Es wird mehr Qualität gefragt sein und damit auch Destinationen, wo wir tätig sind. 

 

Wie werden wir in Zukunft Urlaub machen?

Unser Urlaub wird sich ändern. Für die Hotels ist das kurzfristig mit Mehraufwand verbunden. Regelungen sind von Land zu Land unterschiedlich, hier eine Linie zu finden, ist eine Herausforderung. Auf der anderen Seite kann es für uns als große Gruppe ein Vorteil sein, diesen Mehraufwand zu leisten. Wir haben uns über Wochen damit auseinandergesetzt, welche Maßnahmen wir setzen müssen, damit sich Gäste sicher fühlen und wir das Ansteckungsrisiko minimieren. Nach vielen Gesprächen, auch mit Experten, hat unser Qualitätsmanagement ein “Safe-Hotel-Programm” entwickelt. Was das genau bedeutet, haben wir in einem Video für unsere Gäste zusammengefasst. Unsere Mitarbeiter müssen alle eine Schulung durchlaufen. Wichtig ist uns, dass die Maßnahmen möglichst wenig einschränkend sind. Es wird Bereiche geben, in denen die Gäste einen Mundschutz tragen müssen und Distanzregeln einzuhalten sind, etwa im Restaurant und Spa-Bereich. Dennoch soll der Gast nicht das Gefühl haben, in einem Sanatorium eingecheckt zu haben. 

 

Zur Gruppe gehören 31 Hotels und ein Premiumcampingplatz. Welches Haus wird als erstes seine Tore für die Gäste öffnen?

Gerade jetzt haben wir zwei Hotels aufgesperrt, in Velden und Punta Skala. Weitere folgen sukzessive Anfang Juni bis Mitte Juli. Bis dahin werden wir wieder in etwa 80 Prozent unserer Häuser Gäste empfangen. 

 

Wie ist die Buchungslage im Moment?

Das Buchungsverhalten ist vorsichtig, aber wir sehen von Woche zu Woche einen Anstieg der Nachfrage. Manche haben sehr viel Lust auf Urlaub, andere weniger. Wir können das nicht beeinflussen, sondern nur zeigen, dass wir vorbereitet sind und wieder ein Urlaubserlebnis anbieten können. Um den Leuten Vertrauen zu geben, haben wir unsere Stornobedingungen stark gelockert. Wer jetzt bucht, kann bis zu drei Tage vor Urlaubsantritt den Urlaub stornieren. Nun müssen wir von Tag zu Tag sehen, wie es sich entwickelt. 

Was wird Corona in der Hotelbranche mittelfristig ändern?

Desinfektionsmaßnahmen, Abstände an der Rezeption oder im Lift: Das sind Maßnahmen, die sich in einem Betrieb sehr schnell umsetzen lassen. Etwas anderes ist die bauliche Substanz, die Hardware eines Hauses. Die kann niemand von jetzt auf gleich umkrempeln. Wenn es also mehr Platz braucht, um Tische auseinanderzurücken zum Beispiel, dann sind größere Hotels im Vorteil. Wir sind in der relativ komfortablen Situation, dass unsere Häuser viel Platz bieten. Wo das nicht der Fall ist, müssen Essenszeiten verlängert werden. Auch das ist möglich. Wir gehen davon aus, dass die Gäste in Zukunft andere Leistungen wollen. Themen wie Regionalität, Natur genießen, die Authentizität einer Destination werden weiter zulegen. Ganz einfach, weil sich die Gäste dort besser aufgehoben fühlen. In der Flugindustrie wird es zu einer Bereinigung im Markt kommen. Streckennetze werden gekürzt, Fliegen weniger interessant und mittelfristig auch teurer. Die Menschen werden wieder vermehrt mit Auto und Zug in den Urlaub reisen. Gut erreichbare Ziele wie Südtirol, Österreich oder Kroatien können mittelfristig Gewinner der Krise sein. 

 

In den vergangenen Jahren ist Overtourism in Südtirol zu einem geflügelten Wort geworden. Nun ist der Tourismus am Boden. Steigt er also nach der Krise wie Phönix aus der Asche, um noch stärker zurückzukommen?

Es wird eine Zeit brauchen, bis der Tourismus das Volumen erreicht, das er 2019 hatte. Viele haben durch den langen Lockdown verstanden, dass das Reisen und Urlaub ein kleiner Luxus sind. Sie werden also auf Qualität setzen. Wir gehen davon aus, dass die Masse zurückgehen wird und die Preise steigen. Dreisternehäuser könnten im Gegensatz zu Viersternebetrieben an Zulauf verlieren. 

 

Was passiert, wenn ein Gast Covid-19-Symptome zeigt?

Wir haben in jedem Hotel Isolationsräume eingerichtet. In so einem Fall werden sofort die nötigen behördlichen Schritte eingeleitet. 

 

Ein Jahr oder sogar noch länger? Mit welchem Zeit-Szenario in puncto Corona rechnet man bei der FMTG?

Wir machen uns keine Illusionen: Solange es keine Impfung oder kein erfolgreiches Medikament gegen Corona gibt, wird uns das Virus begleiten. Unsere Sensibilität zum Thema Hygiene wird sich vielleicht langfristig verändern.  Dennoch glaube ich nicht, dass ein Gast nach Corona an der Rezeption noch mit Mundschutz begrüßt wird. 

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