Fiskalische Lockrufe
Akademiker, die aus dem Ausland nach Italien zurückkehren, müssen bis Ende 2017 nur 30 (Männer) oder 20 Prozent (Frauen) ihres Einkommens besteuern. Die seit 2010 bestehende Förderung wäre mit Jahresende ausgelaufen und ist jetzt um zwei Jahre verlängert worden.
Am 28. Februar wurde im Amtsblatt der Republik Nr. 49 das Gesetz Nr. 11 vom 27. Februar 2015 veröffentlicht (vormaliges Dekret Nr. 192/2014, benannt auch „Tausend Aufschübe/Milleproroghe“) und ist damit in Kraft getreten. Darin enthalten ist eine Verlängerung der Steuerentlastung für aus dem Ausland zurückkehrende Akademiker bis Ende 2017. Diese Begünstigung ist im Jahr 2010 eingeführt worden und wäre mit dem 31. Dezember 2015 ausgelaufen. Ein Überblick zur Erinnerung.
Mit dem Gesetz Nr. 238/2010 wurde im Artikel 1 eine eher allgemeine, also nicht auf rückkehrende Forscher und Wissenschaftler beschränkte Steuerentlastung für Akademiker eingeführt, welche im Ausland gearbeitet, studiert oder sich spezialisiert haben. Um vor allem relativ junge Leute zur Rückkehr zu bewegen, ist festgelegt, dass die interessierten/Betroffenen nach dem 1. Jänner 1969 geboren sein müssen. Die Begünstigungen gelten nicht nur für Italiener, sondern für alle Bürger von EU-Staaten, vorausgesetzt, dass sie vor dem Auslandsaufenthalt in Italien ansässig waren. Die Steuerentlastungen sollen dazu beitragen, das im Ausland erworbene Wissen in Italien einzusetzen und so zum dringend notwendigen wirtschaftlichem Wachstum beizutragen. Das Ausmaß der steuerlichen Entlastung ist je nach Geschlecht der rückkehrenden Personen unterschiedlich und beträgt
• 70% des steuerlichen Einkommens der Männer (d.h. nur auf 30% muss Einkommenssteuer entrichtet werden) und
• 80% des steuerlichen Einkommens der Frauen (d.h. nur auf 20% braucht die Einkommensteuer bezahlt zu werden).
Die Entlastungen gelten für die Einkommen sowohl aus Arbeitnehmertätigkeit als auch aus Unternehmer- und freiberuflicher Tätigkeit. Ausdrücklich ausgenommen von den Begünstigungen sind Personen, welche grundsätzlich Arbeitsverhältnisse auf unbestimmte Zeit mit italienischen Firmen oder der öffentlichen Verwaltung haben und für diese zeitweilig im Ausland arbeiten oder gearbeitet haben.
Die Voraussetzungen für den Zugang zu den erwähnten Begünstigungen sind also:
• Geburt nach dem 1. Jänner 1969;
• Besitz eines Doktorats oder gleichwertigen Titels (Hochschulabschluss);
• Aufenthalt in Italien von mindestens 24 Monaten (zusammenhängend);
• Aufenthalt in den letzten zwei oder mehr Jahren außerhalb Italiens oder des Ursprungslandes und
• Tätigkeit in dieser Zeit als Arbeitnehmer, Unternehmer oder Freiberufler, aber auch Studium zwecks Erlangung eines Hochschulabschlusses
oder einer Spezialisierung „post lauream“.
Welches sind nun die bürokratischen Verpflichtungen bei Einstellung von Arbeitnehmern mit der beschriebenen steuerlichen Entlastung? Mit Maßnahme Nr. 97156 vom 29. Juli 2011 hat die Einnahmenagentur seinerzeit bestimmt, was bei Einstellung von Arbeitnehmern zwecks Anerkennung der steuerlichen Entlastung insbesondere zu beachten ist. Demnach müssen jene Personen, welche im Besitz der angeführten Voraussetzungen laut Gesetz Nr. 238/2010 sind und welche die im Gesetz angeführten Begünstigungen in Anspruch nehmen wollen, innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme ein entsprechendes Ansuchen an ihren Arbeitgeber richten, welches folgende Inhalte haben muss (neben der Erklärung, die Begünstigung laut Gesetz Nr. 238/2010 in Anspruch nehmen zu wollen):
• die Personaldaten (bei Ausländern den Staat der EU);
• die Steuernummer;
• die Angabe ihres genauen Wohnsitzes in Italien;
• die Angabe der ersten Anstellung in Italien nach ihrer Rückkehr;
• die Erklärung, nicht bereits in den Genuss der steuerlichen Begünstigung für die Forscher laut Gesetzesdekret Nr.185/2008, Artikel 17, zu sein oder kommen zu wollen.
Die Betriebe/Steuersubstituten dürfen die laut den angeführten Bestimmungen reduzierte Lohnsteuer ab dem Folgemonat nach dem Erhalt des Ansuchens anwenden.
Entlastungen für Forscher und Universitätsdozenten
Nicht bloß die Rückkehr von Akademikern im Allgemeinen nach Italien wird gefördert. Durch steuerliche Entlastungen sollen auch Forscher und Universitätsdozenten dazu bewogen werden, wieder in Italien zu arbeiten.
In letzter Zeit wurden – auch und besonders im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Wirtschaftskrise – in steigendem Maße Klagen laut, dass fähige junge Leute ins Ausland abwandern, was sich negativ auf die Innovationskraft und das angestrebte wirtschaftliche Wachstum in Italien (und Südtirol) auswirkt. Um diesem Tatbestand gegenzusteuern, sind zwei unterschiedliche Maßnahmen gesetzt worden, nämlich eine, die die Rückkehr von Akademikern im Allgemeinen aus dem Ausland nach Italien begünstigt, und eine steuerliche Entlastung, welche gezielt Forscher und Wissenschaftler zur Rückkehr bewegen soll. Die beiden Begünstigungen sind nicht kumulierbar.
Die ursprüngliche Maßnahme, welche es aus dem Ausland zurückkehrenden Forschern und Wissenschaftlern ermöglichte, ihre Steuern drei Jahre lang nur auf zehn Prozent ihres steuerpflichtigen Einkommens zu bezahlen, war bereits 2003 mit dem Dekret Nr. 269/2003 gesetzt worden. Diese Maßnahme ist später mit dem Gesetzesdekret Nr. 185/2008 ein erstes Mal und dann mit dem weiteren Gesetzesdekret Nr. 78 vom 31. Mai 2010 nochmals erneuert und in die aktuell gültige Form gesetzt worden. Demnach können Forscher und Wissenschaftler mit Abschluss eines Hochschulstudiums, welche nachweislich mindestens zwei Jahre ununterbrochen im Ausland Forschungsaktivitäten bzw. wissenschaftliche Arbeiten an einer privaten oder öffentlichen Forschungseinrichtung durchgeführt haben, in den Genuss von Steuererleichterungen kommen, wenn sie innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzesdekretes Nr. 78/2010 nach Italien zurückkehren, dort arbeiten und steuerlich ansässig werden, Die Erleichterung besteht wie erwähnt darin, dass sie ab der Steuerperiode, in der sie in Italien ansässig werden, die Einkommensteuer und unter Umständen auch die regionale Wertschöpfungssteuer IRAP für drei Jahre lang nur auf zehn Prozent ihres Einkommen bezahlen müssen.
Die Steuerbegünstigungen können sowohl von italienischen Staatsbürgern als auch – bei Zutreffen der genannten Voraussetzungen – von ausländischen Forschern/Wissenschaftlern in Anspruch genommen werden. Auf eine entsprechende Anfrage bei der Einnahmenagentur wurde mit Rundschreiben geklärt, dass die Begünstigung auch für die koordinierte Mitarbeit bzw. Projektarbeit gilt. Die Begünstigung gilt also für drei Jahre und hatte ein Auslaufdatum zum 31. Dezember 2015. Und genau dieses Auslaufdatum ist nun mit dem Stabilitätsgesetz Nr. 190/2014 bis zum 31. Dezember 2017 verlängert worden.
Beitrag aus der Südtiroler Wirtschaftszeitung (SWZ) vom 13. und 20. März 2015, der uns freundlicherweise zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt wurde.