So trotzen Südstern-Partner der Krise: Assiconsult (3)

Sonntag, 17.05.2020
Erst war da der Schock, dann ging es in den Krisenmodus: Wie Südstern-Partner Assiconsult die Herausforderung Corona meistert, haben wir in einem Video-Interview mit Geschäftsführer Gregor Stimpfl und Tochter Katharina erfahren. Ein Gespräch über neue Werte, die Beschleunigung der Digitalisierung in der Branche und die Erkenntnis, dass gerade Mauern abgebaut wurden


 

Was ging in Ihnen vor, als Italien im März den kollektiven Lockdown veranlasste?

Gregor Stimpfl (GS): Am Anfang steht man da wie ein begossener Pudel und fühlt sich wie im falschen Film. Das, was vor uns lag, war für jedes Unternehmen absolutes Neuland. Auf so einen dramatischen Lockdown waren wir nicht vorbereitet. Nach dem ersten Schockmoment wechselten wir aber schnell in den Krisenmodus. Wir analysierten, was wir im Hause haben, was die gesetzlichen Auflagen sind. Versicherungsbroker gehörten zu den Branchen, die offen bleiben mussten. Wohin mit den Mitarbeitern? Wie viele machen Homeoffice? Und wenn ja, wie klappt das? Solche Fragen beschäftigten uns. 

 

80 Prozent der Mitarbeiter arbeiteten schlussendlich von Zuhause aus. Wie schwierig war es, das technisch ad hoc umzusetzen?

Wir haben schon vor der Krise in unsere Infrastruktur investiert, was sich bezahlt gemacht hat. 75 Mitarbeiter saßen von einem Tag auf den anderen im Homeoffice – und unser System ist nicht ein einziges Mal zusammengebrochen. 

Katharina Stimpfl (KS): Vor zwei Monaten waren Telefonkonferenzen Neuland, heute sind sie Standard. Natürlich sind die Linien manchmal schwach und es ist eine Herausforderung, Termine nur auf diese Weise wahrzunehmen. Man muss sich gut vorbereiten, lernen, dass nicht jeder einfach so drauflos reden kann, diszipliniert sein. Aber wir haben für uns verstanden: Von zehn Terminen, die wir früher als selbstverständlich außer Haus wahrgenommen haben, können sechs auf diese Weise abgewickelt werden. 

GS: Wir alle sind ins digitale Zeitalter gebeamt worden. Unsere Mitarbeiter haben nicht mehr gefragt, warum sie das machen müssen, es war und ist einfach so. Da sind Mauern abgebaut worden, für die wir sonst viel mehr Zeit benötigt haben. 

Welche Erfahrungen Assiconsult im Homeoffice gesammelt haben, sehen sie hier.

 

Ist die Versicherungsbranche prädestiniert für eine digitale Abwicklung?

GS: Nein, der persönliche Kontakt ist sicher wichtig. Und dann ist da die starke Compliance, der wir unterliegen. Mit anderen Worten: Die Versicherungsbranche ist eine wahre Zettelwirtschaft und in Italien viel schlechter digitalisiert als zum Beispiel die Banken, wo etwa die digitalen Unterschriften der Kunden vorliegen. Das ist bei uns noch nicht der Fall. Und ohne Unterschrift kann auch ein Vertrag nicht zum Abschluss gebracht werden. Nun werden wir uns auf die Hinterbeine stellen und in einem Jahr mit einer Turbogeschwindigkeit dorthin kommen, wo wir ansonsten erst in fünf, sechs Jahren wären. Jeder hat Angst, dass der Betrieb zum Stillstand kommt und wird sich besonders ins Zeug legen, daran habe ich keinen Zweifel. 

 

Machen Sie sich Sorgen um die Zukunft?

GS: Gedanken ist vielleicht das bessere Wort. Am Anfang versucht jeder, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Wir sind Dienstleister und hängen von der Prosperität unserer Kunden ab. Das ist eine Kette mit Dominoeffekt, geraten die anderen in Schieflage, dann bleibt uns auch weniger. Als Versicherer werden wir erst zum Jahresende oder Anfang des nächsten Jahres genau wissen, wo wir stehen. In Südtirol ist die Zahlungsmoral aber weiterhin sehr gut. 

 

Ändert sich das Verhalten der Kunden gerade in puncto Versicherung?

GS: Das Auto hat an Stellenwert verloren. Der ein oder andere wird sich also die Kaskoversicherung überlegen. Dafür wird vermehrt in Cybersecurity investiert, jetzt, da durch die Pandemie Software massiv aufgerüstet wurde und wird. 

Haben Sie für Ihre Mitarbeiter Ausgleichskasse beantragt?

GS: Wir haben uns das angeschaut und dann bewusst dagegen entschieden. Für uns ist klar, dass wir den Mitarbeitern etwas zurückgeben wollen und ihnen drei Monate die Stange halten. Sie kommen uns insoweit entgegen, dass sie Urlaube und Überstunden abbauen. Und dann hoffen wir natürlich alle, dass sich die Lage wieder normalisiert. 

KS: Für die 22 Mitarbeiter, die konstant im Haus waren, haben wir einen Mensadienst improvisiert, und das ist gut angekommen. Über unser Welfare-Programm haben wir für alle unsere Mitarbeiter eine Covid-Deckung abgeschlossen, sollten sie aufgrund des Virus im Krankenhaus behandelt werden müssen. Diese Polizze haben wir auch unseren Kunden angeboten. 76 von ihnen haben ihre Mitarbeiter damit abgesichert. Auf die Provision haben wir verzichtet und diese an zwei Krankenhäuser in Bergamo und Mailand gestiftet. 

 

Die viel besprochene Phase 2 verspricht ein Stückchen Normalität. Gehört dazu auch die Rückkehr der Mitarbeiter ins Büro?

KS: Das wird schrittweise stattfinden, ja. Unser Eindruck ist, dass es alle Mitarbeiter ins Büro zurückzieht. Wir haben zum Glück so großzügige Räumlichkeiten, dass wir die Sicherheitsabstände einhalten können. 

GS: Auch das lernen wir gerade: Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps. Es ist eben weit schwieriger, daheim mit den Kindern irgendwo im Hintergrund zu arbeiten als im Büro. Wobei sich unsere Mitarbeiter sehr bemüht haben, das war eine äußerst positive Erfahrung. Ein Stückchen Normalität ja, trotzdem wird sich einiges ändern. 

 

Inwiefern?

GS: Als Unternehmer sehe ich die Welt nun anders. Bis jetzt war alles stark auf Maximierung aufgebaut, es galt, die Kurve immer weiter nach oben zu pushen. Am Ende haben wir gemerkt, dass wir alle auf dünnem Eis sitzen. Es ist gebrochen, wir sind nicht untergegangen, aber wir haben uns die Füße nass gemacht. Lebensqualität ist ein Thema, die Frage, wie wir Familie und Beruf unter einen Hut bringen. Da wird es Diskussionen geben. Ich glaube zum Positiven. 

 

Wie sieht es mit dem Wert der Arbeit aus?

GS: Der Unternehmer versteht jetzt vielleicht, dass es nicht in erster Linie darum geht, die Rentabilität weiter nach oben zu schrauben, sondern sein Personal zu halten, seine Stammmannschaft zu unterstützen. Und die Mitarbeiter wissen vielleicht mehr zu schätzen, wie wichtig ein sicherer Arbeitsplatz und ein soziales Umfeld sind. 

 

Katharina, Sie stecken noch mitten im Studium. Corona hat sie quasi über Nacht in den Familienbetrieb katapultiert. 

KS: Im März wollte ich ein Praktikum bei Unipol in Mailand beginnen. Dann kam das Virus und ich dachte mir, warum nicht?  

GS: In den vergangenen Jahren hatte ich den Eindruck, dass die Studenten überall arbeiten wollen, nur nicht zuhause, und immer auf der Jagd nach dem besten Curriculum sind. Vielleicht stellt sich jetzt auch heraus, dass Südtirol starke Familienbetriebe hat, und es auch hier interessante Möglichkeiten gibt. Meine Tochter betreut im Moment die neue Homepage,  und ich finde die Zusammenarbeit wunderbar. Das ist einer der positiven Aspekte, die Corona mit sich gebracht hat. 

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