Wie viele Frauen saßen mit dir in den Physik-Vorlesungen?
Damals waren es zehn, jetzt sind es vielleicht 20 Prozent. Aber je weiter der akademische Weg hin zum Doktorat geht, umso weniger werden es. Mein Schrödinger-Forschungsprojekt hier in Paris besteht im reinen wissenschaftlichen Arbeiten. An der TU Wien habe ich auch unterrichtet. Und dort einmal mehr gesehen, dass es für Frauen in gewissen Fächern immer noch schwierig ist.
Nervt es, die Anzahl der Frauen in der Wissenschaft im Jahr 2021 überhaupt noch zum Thema machen zu müssen?
Ich glaube, es ist wichtig zu zeigen, dass es Frauen in der Forschung gibt. Weil es für junge Mädchen ein Ansporn sein kann, gerade weil sie es sich oft nicht zutrauen.
Forschen Frauen anders?
Ich glaube nicht. Aber die Rahmenbedingungen sind andere, wenn es um die Zeit nach dem Studium geht. Während des Studiums ist genau definiert, was zu tun ist, welche Prüfungen zu machen sind, aber nach der Dissertation ist der Weg, den man gehen muss, um weiterzukommen, nicht klar vorgegeben. Da spielen auch informelle Netzwerke eine Rolle, und denen gehören viel mehr Männer an. Das macht es für Frauen automatisch schwieriger. Umso wichtiger finde ich, dass man sich nicht von seinem Weg abbringen oder einschüchtern lässt.
Was sind deine Forschungsschwerpunkte?
Ich arbeite in der theoretischen Festkörperphysik, an neuen Materialien. Im Moment forsche ich zu so genannten Permanentmagneten, die in Motoren von Elektroautos oder in den Generatoren von Wind-Turbinen verwendet werden. Dabei geht es darum, noch effizientere Materialien im Bereich der neuen Energien zu finden. Ein hochaktuelles Thema. Wir machen die Grundlagenforschung dazu. Ausgehend von den Bestandteilen der Materialien berechnen wir physikalische Eigenschaften wie den Magnetismus, die elektrische Leitfähigkeit oder die Farbe. Es fasziniert mich, dass man ausgehend von so etwas Abstraktem, nämlich der quantenmechanischen Wechselwirkung der unzähligen Atome und Elektronen im Material, zu den handfesten Eigenschaften kommt. Wir machen das, um vorauszusagen, welches Material gut sein könnte. Dann müssen nicht erst 100 Experimente dazu gemacht werden. Unsere Projektpartner, im Fall der Magnete ist es die TU Darmstadt, stellen dann die Materialien auch her.
Und dann forschst du zu Pigmenten.
Genau. Sie haben bestimmte Farben, die man zum Färben von Plastik oder Lackierungen nimmt. Bisher enthalten solche Pigmente oft giftige Schwermetalle. Unsere Forschung zielt auch darauf ab, umweltfreundlichere Alternativen zu finden.
Ein schöner Nebeneffekt deiner Arbeit?
Ja sicher. Denn natürlich ist die Grundlagenforschung wichtig. Aber es macht auch sehr viel Freude, an etwas zu forschen, das relevant ist und sogar etwas zum Positiven verändern kann.
Du arbeitest seit 2017 in Paris und wirst bald an die TU Wien zurückkehren. Wie wichtig ist Internationalität in deinem Bereich?
Die Forschung ist teilweise so spezialisiert, dass du den Beruf nur an bestimmten Universitäten der Welt ausüben kannst. Hauptsprache ist Englisch, weil in den verschiedenen Gruppen Menschen aus der ganzen Welt arbeiten. Es ist ein sehr internationaler Beruf. Bis man eine permanente Stelle gefunden hat, gehört viel Wandel zum Berufsbild. Es wird nie langweilig.
Wie wichtig ist das Netzwerken?
Die Forscherin und der Forscher im Elfenbeinturm sind eine längst überholte Vorstellung. Austausch ist wichtig für die Karriere. Man muss auch netzwerken, um weiterzukommen.