"Es gibt kein vorgezeichnetes Schicksal" - 1. Südstern Business Dinner mit dem Leiferer IBM-Manager Erich Clementi

Sonntag, 02.09.2012

Vor kurzem fand das erste Südstern Business Dinner, exklusiv für Südstern-Partner-Unternehmen, in der Bozner Kaiserkron statt. 20 Unternehmer und Führungskräfte trafen sich im exklusiven Kreise, als der Leiferer Top-Manager Erich Clementi, der seit 28 Jahren für IBM tätig ist, zum Thema Leadership sprach. „Ziel des neuen Veranstaltungsformats Südstern-Business-Dinner ist es, den Südstern-Partner-Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Erfahrungen und Know-How von im Ausland erfolgreich tätigen Südtirolern aufzunehmen und die Gelegenheit zur gegenseitigen Vernetzung zu nutzen“, meint Südstern-Präsident Armin Hilpold.


Erich Clementi kommt so unprätentiös daher wie der Leiter einer kleinen Bankfiliale mit 3, vielleicht 4 Mitarbeitern. "Was sagt ihr zu Monti", wirft er als erste Frage in die Runde der anwesenden Südtiroler Unternehmer. Den Antworten aus der Runde hört er aufmerksam zu und nickt dabei ab und zu leicht.

 

Man kennt Erich Clementi nicht an, dass er bei IBM für einen Umsatz von über 42 Milliarden USD - das entspricht 39% des Gesamtumsatzes - und eine der wichtigsten Geschäftseinheiten, Global Technology Services, verantwortlich ist. Der gebürtige Leiferer hat seine Karriere vor 28 Jahren bei IBM begonnen. Eigentlich wollte er ursprünglich nur weg von Bozen. Er hat sich bei der Italien-Zentrale in Mailand beworben und wurde gleich genommen. Doch in der Zentrale wurde er gleich wieder nach Bozen abkommandiert. "Lei parla tedesco, vero?". Einige Jahre später wollte ihn IBM nach Osteuropa schicken. Clementi wehrte ab, ging aber dann für IBM nach Wien um den osteuropäischen Markt von dort zu bearbeiten. Von da an ging es steil aufwärts, und heute ist Clementi in der Top-Führungsriege in der IBM Zentrale in Armonk, New York.

Erich Clementi beim ersten Südstern Business Dinner in der Bozner Kaiserkron

 

Als Gastreferent des 1. Südstern Business Dinners spricht der IBM-Manager zum Thema Leadership. Er beginnt mit dem kritischsten Moment den er bei IBM erlebt hat, im Jahr 1993. Nur 3 Jahre vorher hat IBM das profitabelste Geschäftsjahr seit Bestehen gefeiert. 1993 stand das Unternehmen nahe am Bankrott. Millionen von Vorschriften, die Beschäftigung mit sich selbst, die unüberschaubare Grösse und die Veränderungen im Markt in jenen Jahren waren die Ursachen dafür. Die Situation erforderte einen Aderlass. Zehntausende von Mitarbeitern mussten in den Folgejahren das Unternehmen verlassen.

 

IBM - International Business Machines wurde 1911 aus 3 bereits bestehenden Unternehmen gegründet. Das Unternehmen beschäftigte zu der Zeit 1.300 Mitarbeiter und war auf Lochkarten, kommerzielle Waagen und Uhren spezialisiert. Die prägende Figur im Unternehmen war von 1914 bis 1955 Thomas J. Watson. Er war es auch, der eine starke Unternehmenskultur einführte: die unbedingte Loyalität der Mitarbeiter und eine ausgeprägte Vertriebs- und Kundenorientierung standen im Vordergrund.

 

IBM wuchs über die nächsten Jahrzehnte rasant und machte sich insbesondere mit Grossrechnern und Hardware für Unternehmen einen Namen. Die Grundlage für den Erfolg bildete jedoch die dynamische Vertriebsmannschaft rund um den Globus. Die Situation im Jahre 1993 erforderte ein Umdenken. Eingeleitet wurde dies durch den ersten CEO, der von außerhalb kam: Louis V. Gerstner. Dieser beteuerte jedoch bei einem Vortrag am Harvard-Campus im Jahr seines Abgangs (2002): "No institution will go through fundamental change unless it believes it is in deep trouble and needs to do something different to survive." Er meinte dann auch, dass nicht der Strategiewechsel vom Hardware- zum Serviceanbieter ausschlaggebend war, sondern der Fokus auf Prozesse, Identität und Werte. Dementsprechend zog er nach dem Turnaround folgende Schlussfolgerung: "It took me to age fifty-five to figure that out. I always viewed culture as one of those things you talked about, like marketing and advertising. It was one of the tools that a manager had at his or her disposal when you think about an enterprise. The thing I have learned at IBM is that culture is everything."

 

Erich Clementi erzählt von der Zeit in 1993, dem bleichen Gesicht des Finanzchefs, und man kann fühlen, dass ihn diese Zeit geprägt hat. Er erzählt seine IBM Geschichte anhand unzähliger Anekdoten, erklärt aus der Adlerperspektive was in den letzten 30 Jahren in der IT-Industrie passiert ist.

 

Der 53-Jährige erklärt den heutigen Erfolg von IBM mit zwei bewussten Entscheidungen die getroffen wurden: die totale Konzentration auf Unternehmen und die Schaffung von absolutem Mehrwert für die Kunden. Er ist dabei überzeugt davon, dass ein gutes Geschäftsmodell eine gute Umsetzung allemal übertrumpft. Worauf man sich konzentriert ist demzufolge wichtiger als die Art der Umsetzung.

 

"The Economic Times" - nach eigenen Angaben Indiens grösste und weltweit die zweitgrösste Wirtschaftszeitung - schreibt über den Südtiroler: "Clementi has earned the reputation of being IBM's 'thinking cap'" - IBMs Denkhut also. Man merkt, dass ihm strategisch-konzeptionelle Themen liegen, dass er ein Analytiker ist. Immer wieder bricht er seine Erfahrungen auf einen Satz herunter: "Es gibt kein vorgezeichnetes Schicksal". Was er meint, ist, dass äussere Umstände nie als Ausrede zählen dürfen. Finanzkrise, Globalisierung, traditionelle lokale Wettbewerber und Kulturunterschiede: das alles sind für Clementi keine gültigen Erklärungen für Misserfolg. Im Laufe seiner Karriere musste Clementi viele schwierige Entscheidungen treffen und Dinge tun, die ihm sicher nicht leichtgefallen sind. Da helfen solche Prinzipien.

 

Der Leiferer schliesst seine Ausführungen mit dem ab, was er persönlich im Lauf der letzten Jahrzehnte gelernt hat: 1. Es gibt keinen Ersatz für Talent. Talent muss gut bezahlt werden, aber was noch wichtiger ist: Talent muss eingefordert werden. 2. Bescheidenheit und Disziplin sind die Tugenden, auf die es auf dem Weg nach oben ankommt. Und dann erzählt Clementi noch was ihm sein Vorgesetzter bei IBM Italien vor Jahren einmal zum Thema Führung gesagt hat: "Non dimenticarti i 4 C: Cuore, Cervello, Culo e Corraggio".


Das 1. Südstern Business Dinner ist bei den Vertretern der Südstern-Partner-Unternehmen sehr positiv aufgenommen werden. Das neue Format soll zu einem festen Bestandteil im Südstern-Jahreskalender werden. Die nächsten Südstern Business Dinners befinden sich bereits in Planung; pro Jahr sollen zukünftig zwei Veranstaltungen stattfinden.

 

 

 

 

 

 

 

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