Nach 200 Bewerbungen war er endlich am Ziel

Donnerstag, 17.04.2025
Er lebt den Traum vom Fliegen – Tag für Tag. Südstern Christian Pfeifhofer aus Sexten konnte sich nie etwas Schöneres vorstellen, als Hubschrauberpilot zu werden. Der Weg dorthin war kein Direktflug. Aber einer, auf dem er viel gelernt hat. Heute ist er als Pilot der Luftrettung im Einsatz. Fliegen und dabei Gutes tun: Eine Win-win-Situation, wie er im Interview erzählt.

 

 

Wenn man kleine Kinder nach dem Traumberuf fragt, ist Pilot zu werden, ganz vorne dabei. Hast du den Traum vom Fliegen auch schon früh gehabt?

Manche meiner Freunde waren von Baggern fasziniert oder von der Feuerwehr. Das hat mich alles nie interessiert. Bei mir waren es Hubschrauber, immer schon. In Sexten, wo ich aufgewachsen bin, hat man oft welche am Himmel gesehen. Im Sommer, wenn damit Hütten beliefert wurden oder natürlich auch den Rettungshubschrauber Pelikan, der sommers wie winters in die Berge oder Richtung Skigebiete geflogen ist. Im Dorf gibt es einen Hubschrauberpiloten, den Hansi. Ich habe ihn immer gelöchert, wie das ist, Pilot zu sein und wie alles funktioniert. Und manchmal hat er mich auch mitgenommen. 

 

Der Weg zum Piloten war kein Direktflug. 

Die Ausbildung zum Hubschrauberpiloten kostet, besonders wenn man sie privat macht, sehr viel Geld. Heutzutage muss man eine Summe zwischen 80.000 und 150.000 Euro dafür aufbringen. Ich habe zwar nach der Matura gleich meine Privatpilotenausbildung gemacht, das ist sozusagen die Einstiegsausbildung in den Beruf, damit man privat Hubschrauber fliegen kann. Finanziell war es mir danach nicht möglich, nur das zu machen. Deshalb habe ich acht Jahre lang verschiedene Jobs angenommen, um das weitere Geld anzusparen. Manche aus meinem Bekanntenkreis sind in der Zeit auf Weltreise gegangen, haben ein Auto gekauft oder in die erste Wohnung investiert. Ich habe eigentlich immer nur gearbeitet. Rezeptionist, Reiseleiter, Kellner auf einer Hütte, Mitarbeiter in einer Kuchenfabrik, da war einiges dabei. Und das Fliegen eines Hubschraubers blieb in der Faszination ungebrochen. Also beschloss ich doch, die Berufspilotenausbildung zu machen. 2018 habe ich sie abgeschlossen. 

 

Du hast danach über 200 Bewerbungen geschrieben. Ist es so schwer, in dem Bereich Fuß zu fassen?

Ja, damals noch mehr als heute. Mit meinem damaligen Arbeitgeber vereinbarte ich, dass ich sofort gehen kann, wenn ich irgendwo genommen werde. Und so war es dann auch. Meine erste Station war eine Hubschrauberfirma, die Gas- und Ölpipelines in Deutschland, Österreich und Holland beflogen hat. Meine Aufgabe war, entlang der Pipelines gewisse Strecken zu befliegen und zu schauen, ob irgendwelche Baustellen entlang der Pipelines aufgebaut wurden, die nicht genehmigt sind. Das Schönste war, dass ich bei dieser Arbeit oft über Österreich fliegen konnte, das ist halt doch ein bisschen mehr Heimat als Norddeutschland, wo ich jetzt lebe. Manchmal, wenn das Wetter schlecht war, bin ich nach den Kontrollflügen auf der Pipeline übers Pustertal und dann über den Brenner zurück nach Österreich geflogen und konnte in Sexten mit dem Hubschrauber kurz aus der Luft Hallo sagen. 

 

Nach einem Jahr stand ein Jobwechsel an. Warum?

Die Lernkurve war sehr hoch. Ich habe viele Flugstunden abgespult, das bringt Erfahrung. Also der ideale Einstieg in den Beruf. Aber die Bezahlung war zu schlecht. Dann fing ich bei einer Firma nördlich von Hamburg an. Der Fokus lag dort auf der sogenannten Arbeitsfliegerei. Zum einen haben wir viele Flüge gemacht, wo wir Kalk über den Wäldern in Deutschland abgeworfen haben, wegen der Übersäuerung der Böden. Danach war ich viel in ganz Europa unterwegs, um Bodenschätze zu suchen. 

 

Aus der Luft?  

Klingt unglaublich, oder? Aber Wasser, Lithium, Helium und teilweise auch Gold sucht man tatsächlich oft mit dem Hubschrauber. Wir haben ein System einer dänischen Firma eingesetzt. Man kann es sich so vorstellen: Unter dem Hubschrauber hängt ein 50 Meter langes Seil, an dem eine Antenne befestigt ist, die 35 Meter lang und 25 Meter breit ist. Diese erzeugt zusätzlich ein elektromagnetisches Feld. Immer wieder wird es an- und abgeschaltet. Später können die Geologen durch die Resonanz durch das System herausfinden, ob sie in einem Bereich Grundwasser oder andere Bodenschätze finden können. Gerade die Suche nach Grundwasser wird allerorts intensiviert. In Frankreich haben wir nach Helium gesucht, in Schweden haben wir Eisenerze gefunden, das hat es damals sogar als Meldung in die Medien geschafft. 

 

Ist das eine Genugtuung, wenn man dazu beiträgt, etwas zu finden?

In diesen verschiedenen Gebieten in Europa zu fliegen, ist toll. Grundwasser zu finden, natürlich auch. Der Blickwinkel verändert sich, wenn man Eisenerze oder andere Bodenschätze aufspürt. Für die Menschen, die in der Gegend wohnen, ist es nicht so toll. Für sie bedeutet das unter Umständen, dass dort in den nächsten Jahren Minen gebaut werden könnten. Auch deshalb habe ich noch einmal den Job gewechselt. Jetzt bin ich seit Kurzem bei der Flugrettung, wo wir Menschen helfen, die medizinische Hilfe brauchen oder aus einer Notlage gerettet werden müssen. Der Sinn der Arbeit ist dabei nochmal ein anderer, das gefällt mir jetzt besser. 

 

Braucht man eine besondere Konzentrationsfähigkeit für diesen Job?

Das Fliegen läuft eigentlich automatisch ab. Wenn man aber zwei, drei Monate weniger mit Außenlast oder Seil unterwegs war, muss man sich auch wieder mehr konzentrieren. Die Stunden im Heli sind lang. Eine Höchstzahl ist vorgeschrieben, aber die Pausen dazwischen nicht. Manchmal hat man die Möglichkeit, kurz auszusteigen und sich die Beine zu vertreten. Aber manchmal sitze ich die achteinhalb Stunden wirklich am Stück im Hubschrauber. Wenn ich darunter ein Seil zur Antenne hängen habe oder Kalk abwerfen muss, ist Konzentration gefragt. Ich muss schauen, dass darunter keine Strommasten und Häuser sind oder keine Leute im Wald umherspazieren. 

 

Drückt der Rücken bei der ganzen Sitzerei?

Manchmal ja. Wenn man an einem langen Tag abends zur Familie heimkommt, gibt es oft halt auch Wichtigeres zu tun, als die Übungen für die Rückenmuskulatur zu machen. 

 

Hast du schon mal eine richtig gefährliche Situation erlebt?

Das Wichtigste ist, seine eigenen Grenzen zu kennen. Wenn das Wetter schlecht und man mit Außenlast unterwegs ist, kann es schnell brenzlig werden. Eine Weile flog ich einen Hubschrauber, der keine Scheibenwischer hatte. Besonders bei Nieselregen war es schlimm. In Deutschland, wo es in vielen Gebieten flach ist, ist das kein so großes Problem. Da landet man einfach irgendwo und wartet auf besseres Wetter. In Schweden zum Beispiel muss das Wetter passen, denn dort gibt es stellenweise nur Wald und Seen, ohne die Möglichkeit zu landen.   

 

Nie davon geträumt, in Südtirol zu fliegen?

Doch, immer. Aber da gibt es nicht so viel Arbeit in diesem Bereich. Wenn meine Frau und ich beide etwas hier finden würden, was uns zusagt, würden wir es nicht ausschließen, zurückzukommen. 

 

Ist die Faszination heute immer noch so groß wie am Anfang?

Definitiv, sonst würde ich es nicht machen. Denn dafür ist man zu oft von der Familie weg. Das Fliegen ist und bleibt meine Leidenschaft. Am liebsten fliege ich über Südtirol oder Norditalien. Einmal habe ich einen Kurs gemacht, zur Seenotrettung, falls ich mit dem Hubschrauber auf der Nordsee landen müsste. Das war nichts für mich. Da habe ich schon lieber die Alpen unter mir. 

Tags

Interview
Karriere
Hubschrauberpilot
Hubschrauber
Luftrettung

Ähnliche Beiträge: