Südstern Health & Science Forum 2019: Ein voller Erfolg
Wenn man ein Fazit des Health & Science Forums 2019 finden wollte - “Südtirol hat kluge Köpfe” bringt es auf den Punkt: Sie arbeiten als Ärzte, Naturwissenschaftler und als andere Experten im Gesundheitsbereich, manche von ihnen bis heute im Ausland, manche von ihnen wieder in Südtirol. Alle von ihnen gaben in der Claudiana in Bozen einen Einblick in ihren Beruf. Und es blieb bis zum Schluss spannend: Da diskutierten die Teilnehmer mit dem Publikum über die Frage, wie sich die Medizin in Südtirol unter der Herausforderung des Personalmangels entwickeln kann. Es mangelte nicht an Kritik und Vorschlägen.
Kein Arzt eröffnete das diesjährige Forum als Vortragender, sondern ein Vertreter der Pflegeberufe. Damit wurde die Bedeutung dieser Berufssparte in der medizinischen Versorgung einmal mehr betont. Dietmar Ausserhofer sprach über die Versorgungsforschung und ging ein auf Herausforderungen und Trends in Gesundheitswesen. Auch in der Pflege wird es kritisch: “Die Zahl an pflegebedürftigen Menschen über 65 wird in den nächsten zehn Jahren um 43 Prozent steigen”, sagte er. Und das vor dem Hintergrund fehlender Pflegekräfte. Hier die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen, wird maßgeblich über die Qualität im Gesundheitswesen entscheiden. Und damit zum nächsten Experten: Reinhold Ramoner sprach über Möglichkeiten zur Bestimmung der Behandlungsqualität und betonte die Wichtigkeit des “Patientenflusses”. Darunter ist die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort und mit dem richtigen Team zu verstehen. Die Ressourcen, die für die Qualitätsarbeit eingesetzt werden, seien für ein modernes Gesundheitssystem “ungenügend”.
Petra Massoner nahm die Zuhörer mit auf eine kurze Reise zwischen Forschung und Industrie. Sie arbeitete lange an verschiedenen Universitäten und ist vor Kurzem nach Südtirol zurückgekehrt, wo sie bei Loacker eine wie auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Stelle angeboten bekommen hat (siehe Interview). Philipp Moroder hat seinen Arbeitsplatz an der Charitè in Berlin und behandelt dort Patienten mit Schulterinstabilität. In seinem Vortrag zeigte er eindrucksvoll auf, wie vielseitig dieses Krankheitsbild ausgeprägt sein kann und betonte: “Bevor man behandeln kann, muss man seine Patienten kennen.” Mit anderen Worten: Der Mensch steht im Mittelpunkt. Beim letzten Vortrag ging es in die Welt der Forschungsmedizin: Chemikerin Katrin Watschinger sprach über den Etherlipidstoffwechsel, der bis dato noch nicht den Eingang in die Lehrbücher gefunden hat. “Ich hoffe, dass wir durch unsere Forschung auf lange Sicht beitragen können, dass Patienten geholfen wird.”
Der Abschluss der Veranstaltung war zugleich auch ein Höhepunkt. Bei der Podiumsdiskussion, die Matthias Bock vom Planet Medizin leitete, ging es um ein Thema, das die Mitarbeiter des Sanitätsbetriebes und die Südtiroler Öffentlichkeit seit Langem beschäftigt: der Personalmangel. “Wie können wir es besser machen?”, fragte Bock. Und die Antworten folgten prompt.
“Südtirol ist klein. Natürlich wissen wir Südtiroler, dass es hier schön ist. Aber die administrativen Hürden, das Sprachproblem und die fehlende Präsenz von Südtirol als Arbeitgeber sind für mich Punkte, die verbessert werden müssen”, sagte Katrin Watschinger, die in Innsbruck lebt und arbeitet. Eine “Nachbesserung in der Personalpolitik” forderte Reinhold Ramoner. Und Petra Massoner zeigte den Numerus Clausus als Knackpunkt auf: “Es kann nicht sein, dass wir die Ausbildung nur für Leute mit kompetitivem Karriereanspruch zur Verfügung stellen.”
Philipp Moroder meinte, Südtirol mache keinen so schlechten Job. “Auch an der Charitè haben wir einen Personalmangel. Ein riesiges Problem nicht nur für Ärzte, sondern auch für die Pflege, ist die viele Zeit, die alle in der Administration festhängen. Wenn man dieses Potential freischöpfen könnte, würde man so viele neue Ärzte gewinnen.” Auch Dietmar Ausserhofer kennt das Problem: “Gerade wegen der vielen Dokumentation steigen viele sehr früh aus dem Pflegeberuf aus.”
Das Publikum beteiligte sich rege an der Diskussion. Für Raunen sorgten die Schilderungen eines Arztes, der über zehn Jahre erfolglos versucht hatte, in sein Heimatland zurückzukehren und irgendwann völlig frustriert aufgab. “Wir müssen schneller werden”, sagte Klaus Eisendle, Präsident der Claudiana. Dass Bewerber über Monate auf eine Antwort seitens des Sanitätsbetriebes warten, ist keine Seltenheit. “In Deutschland oder der Schweiz ist nach zwei Tagen eine Antwort im Postfach”, so der betroffene Arzt. Da überall in Europa Personalmangel herrscht, müsse man sich dem Wettbewerb stellen. Sonst wird’s irgendwann leer im OP.