So trotzen Südstern-Partner der Krise: Südtiroler Sparkasse (7)

Montag, 29.06.2020
Systemrelevant und besonders gefordert: Die Südtiroler Sparkasse blickt auf bewegte Monate zurück. Im Interview erzählt Moritz Moroder, Direktor Commercial Banking, wie die Bank die Krise gemeistert hat, was an den versprochenen Krediten dran ist, ob sich die Hotellerie erholen wird und warum eine Waschmaschine den einen oder anderen schon ins Schleudern bringen kann.

 

Was war die größte Herausforderung in den vergangenen Monaten für die Südtiroler Sparkasse?

Die organisatorischen Umstellungen zum Schutz unserer Mitarbeiter und Kunden hatten wir schnell im Griff. Wichtig war uns, keine Filiale in der Zeit des Lockdowns zu schließen, was uns auch gelungen ist. Unsere Berater haben wir schnell angehalten, Kontakt mit den Kunden aufzunehmen, um deren Liquiditätssituation zu klären. Wir haben Kunden auch vorgewarnt, dass es an der Börse turbulent werden wird und sie Ruhe bewahren sollen. Der größte Umbruch betrifft die technische Seite. Wir waren gerade dabei, die dezentralen Zugriffe zu entwickeln. Dann kam Corona und mit dem Virus ein Digitalisierungsschub innerhalb von Tagen. Wir mussten Dokumente sammeln, die wir für Kredite benötigten, und das ohne die Kunden physisch zu treffen. Für viele Mitarbeiter war der Druck immens.  

 

Die Politik und die Banken haben sehr schnell ein gemeinsames Maßnahmenpaket mit Sofortdarlehen auf den Weg gebracht. War sofort zu erkennen, dass die Krise für Kunden existenzbedrohend sein kann?

Die Auswirkungen hat man nicht gleich in vollem Umfang realisiert. Als sich die Lage dann weiter verschärft hat, haben wir als Bank verstanden, dass wir schon innerhalb März konkrete Maßnahmen setzen müssen. 

 

Warum?

Ende des Monats sind die Ratenzahlungen der Kunden fällig. Da gibt es Menschen, die müssen eine Rate für das Wohnhaus, für das Auto oder für eine Waschmaschine bedienen und haben die Arbeit verloren. Deshalb haben wir – federführend unter den Südtiroler Banken – und zusammen mit mehreren Ressorts des Landes Südtirol, die Aussetzung der ganzen Raten in kürzester Zeit beschlossen. Und zwar für zwölf Monate, was uns am Anfang als sehr lange vorkam. Heute wissen wir, dass es die richtige Entscheidung war. Wir haben insgesamt 7000 Ratenkredite und Darlehen ausgesetzt, die hohe Zahl zeigt den Bedarf. 

 

Damit wollten Sie den Kunden gleich zu Beginn ein bisschen Luft geben. Was bedeutet das für die Bank?

Finanziell ist es für die Bank kein Problem, weil es keinen Verlust darstellt. Zinseinnahmen werden zwar nicht ausgeschöpft, dann aber am Ende des Darlehens eingenommen. Kritisch ist nur die Laufzeit eines Kredites. Es gibt ja einige, die ohnehin schon 30 Jahre laufen. Wenn es dann 31 oder 32 Jahre werden, könnten es irgendwann Risikokredite werden. Bei Privatpersonen ist da im Normalfall nicht viel zu befürchten. Anders schaut es bei Betrieben aus.

 

Diese benötigten oft schnelle Hilfe, um durch die Krise zu kommen. Wie gut ist das gelungen?

Die Aussetzung von Krediten ist eine Sache, neue Liquidität, also Frischgeld zu geben, eine andere. Es war auch politisch gewollt, dass wir Geld zur Verfügung stellen müssen, unbürokratisch und billig. Klar war, dass es Kleinkredite brauchen wird. Bis 10.000 Euro hat das gut geklappt, da hat die Bank einfach das Risiko übernommen. Es waren dann in diesem Bereich doch weniger Anträge als wir gedacht haben. Bis 35.000 Euro war es schon etwas aufwändiger. Hier gab es eine Variante, die vom Land zwischenzeitlich garantiert werden sollte, bis der staatliche Fondo di garanzia greift. Von diesen Krediten haben wir in Südtirol etwa 500 vergeben. Die Kredite ab 35.000 Euro waren für Betriebe die interessantesten, aber auch die kompliziertesten. Hier gab es Kritik und viele negative Zeitungsartikel. 

 

Es hieß, die Zinsen seien zu hoch, die Abwicklung zu bürokratisch. 

Fakt ist, dass bis heute sehr wenige dieser Kredite ausgezahlt werden konnten. Der maximale Zinssatz von 1,9 Prozent hat eine Anfangszeit von zwei Jahren, die für den Betrieb zinslos ist und somit liegt der maximale Durchschnitt bei 1,58, was wir angepasst finden. Betriebe mit guten Ratings bekommen diese Finanzierungen natürlich etwas billiger. Die aufwändige Abwicklung, die nicht in unserer Hand lag, hat viele Kunden geärgert. Wir haben bei Kunden, die in extreme Zahlungsschwierigkeiten gekommen wären, das Risiko übernommen, die Kredite vorzufinanzieren. Die Wahrheit ist aber auch: Es macht keinen Sinn, einem Kunden, der schon am Limit finanziert ist und laut Businessplan eine Rückzahlung nicht schafft, einen Kredit zu ermöglichen. Jeder Zusatzkredit muß rückzahlbar sein, ansonsten darf er laut Regeln der Aufsichtsbehörden gar nicht genehmigt werden. 

Regionale Geschäfte sorgten sich vor Internetkäufen. Haben diese zugenommen?

Normale Transaktionen, etwa Abhebungen am Bankomat oder Schalter, sind in der Zeit des Lockdowns um zwei Drittel zurückgegangen. Offenbar haben die Menschen weniger Geld gebraucht, viele Geschäfte waren ja geschlossen. Eigentlich hätte man erwarten können, dass der Onlinehandel schlagartig nach oben geht. Das Gegenteil war der Fall: Trotz Corona sind auch hier die Zahlen nach unten gegangen. Eine besondere Kundenschicht sind im Übrigen ältere Menschen. Sie benutzen die Bankomatkarte für gewöhnlich nicht so gerne. Wir mussten sie aber dazu bringen, nicht jeden Tag wegen 20 Euro in die Bank zu kommen. Deshalb haben wir innerhalb kürzester Zeit auch viele Bankomatkarten für sie bereitgestellt.

 

Die Hotellerie und das Gastgewerbe sind von den Auswirkungen des Lockdowns und der Phase 2 stark betroffen. Zunächst ging man von einer halb oder ganz verlorenen Saison aus. Nun ist zu befürchten, dass es auch im folgenden Herbst und Winter Einschnitte geben könnte. 600 Millionen Euro hat alleine die Sparkasse an die Tourismusbranche verliehen. Blickt man mit Sorgenfalten auf die Entwicklungen in diesem Bereich?

Der Tourismus ist für uns Südtiroler Banken ein Mega-Thema. Die italienischen Banken würden den Südtiroler Tourismus nie so finanzieren, wie wir drei Banken das machen. Wir tun das aus einem bestimmten Grund: Es handelt sich meistens um Familienbetriebe mit Tradition, die Hoteliers wollen die Betriebe weiterführen. Wir werden diesen Sektor auch in Zukunft stark weiter unterstützen. Unsere Richtlinien nach Covid haben wir nicht geändert. Mit einer Ausnahme: Damit ein neues Hotelkonzept mit einem Kredit unterstützt wird, muss der Finanzierungsplan so aufgebaut sein, dass er die mögliche Krise eines Jahres berücksichtigt. Wir haben auch jetzt neue Kredite genehmigt, weil wir nicht glauben, dass Corona den Tourismus jahrelang schwächen wird. Auch wenn Betriebe im Land jetzt unterschiedlich betroffen sind. 

 

Dem Westen geht’s schlechter. 

Westen und Osten, das sind zwei Paar Schuhe. Der Osten macht uns überhaupt keine Sorgen, auch wenn die Tourismustreibenden vielleicht nicht ganz so durchstarten werden wie gewohnt. Die haben Reserven aufgebaut, da wird wohl nicht viel passieren. Im Westen ist die Situation eine andere, dort sind viele Überbrückungskredite gefragt. Während die Pusterer und die Ladiner eine Winter- und Sommersaison haben, gibt es im Vinschgau, Meraner Land und Unterland fast nur die Sommersaison und eine vorwiegend deutsche, Gästeschicht. Sie werden voraussichtlich erst 2021 wieder gewohnte Umsätze generieren. 

Alles natürlich unter der Voraussetzung, dass wir im Herbst keinen zweiten Lockdown erleben werden.

 

Wie ist die Lage auf dem Aktienmarkt?

Erstaunlich ruhig, es hat sich schnell wieder gelegt, fast zu schnell würde ich sagen. Aktienberatung machen wir als Bank nicht. Was die Vermögensverwaltung betrifft, muss jemand eine Anlagestrategie verfolgen. Und da gilt es, dranzubleiben und nicht vor Angst zu verkaufen. Wir beobachten, dass schon wieder kräftig in Wertpapiere und Fonds investiert wird. 

 

Was wird Corona für die Zukunft ändern?

Eine Distanzberatung mit digitaler Unterschrift? Anfang März noch unvorstellbar, heute ganz normal. Diese neuen Vertriebs- und Betreuungskanäle wollen wir als Bank unbedingt weiter erhalten und ausbauen. Bei großen Investitionen werden wir hingegen eher vorsichtiger werden. Insofern war Corona auch ein kleiner Dämpfer, der uns gezeigt hat, dass es nicht ewig nach oben gehen kann.

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