Werden wir irgendwann sagen: Dank Corona konnten wir die Welt im Schnelldurchlauf digitalisieren?
Regierungen und große Unternehmen haben realisiert: Wir müssen digitalisieren, um konkurrenzfähig zu bleiben. IOTA arbeitet zum Beispiel mit einigen Energieunternehmen zusammen. Für sie war die Umstellung auf die neue Kommunikation im Homeoffice eine riesige Herausforderung. Unternehmen haben realisiert, dass es hier nicht nur um Innovation geht. Digitalisierung ist eine absolute Notwendigkeit. Weil man sonst Geld verliert und nicht mehr so konkurrenzfähig ist wie andere Unternehmen. Die Entwicklung in dem Bereich wird rasant voranschreiten.
Sie waren Ihrer Zeit schon als Oberschüler weit voraus. Die Eltern wollten, dass Sie Maurer werden. Konnten Sie sich mittlerweile mit diesem Internet anfreunden?
Seit ich bei Markus Lanz in seiner Talkshow zu Gast war, haben sie mehr verstanden, was ich mache und dass man mit dem Internet auch Geld verdienen kann. Ihre Geduld in der Hinsicht ist definitiv größer geworden.
Damals war Ihnen Südtirol zu rückständig, was Forschung und Innovation betrifft. Könnte das Land durch die Pandemie ein begehrterer Standort werden?
Sicher. Corona hat uns gezeigt, dass wir keine riesigen Office-Flächen brauchen, weil wir vielfach in der Lage sind, die Arbeit von daheim aus zu machen. Fundamental ist, dass die Arbeit gemacht wird. Mich interessiert nicht, ob jemand um 9 oder um 11 Uhr am Morgen aufsteht, sondern ob er abliefert. Insofern gibt die Entwicklung den Menschen mehr Flexibilität, ihren Alltag zu organisieren und selbst zu gestalten. Ich denke, ich könnte auch von Südtirol aus arbeiten und das Team managen. Für viele Firmen wird das Homeoffice sicher längerfristig erhalten bleiben. Aber das Office als solches wird nicht sterben. Wenn wir zum Beispiel komplexe Research-Themen bearbeiten, ist es notwendig, zusammenzusitzen, um Probleme zu besprechen. Und dann darf man nicht vergessen: Es ist schwierig, ein Team virtuell zu leiten und die richtige Balance zu finden. Das benötigt Erfahrung und Vertrauen in die Mitarbeiter. Wir bei IOTA wollen aus unseren Erfahrungen für die Zukunft lernen und werden in den nächsten Wochen ein Paper publizieren, wie man das Team virtuell managen kann.
In einem Interview haben Sie einmal gesagt, dass sie kein besonders geselliger Mensch seien. Hat sich das in den vergangenen Monaten geändert?
(lacht) Teilweise ja. Was IOTA betrifft, bin ich ja schon sehr sozial eingestellt. Das Unternehmen wird von einer Stiftung beaufsichtigt, einer Non-Profit-Organisation, die die Technologie für alle Entwickler lizenzfrei hält. Meine Antwort damals hat sich eher auf den privaten Bereich bezogen. Was Familie und Freunde betrifft, habe ich schon realisiert, dass man besonders in der Pandemie mehr Kontakt halten und mehr miteinander reden muss. Vor Corona dachte ich immer: Wenn ich will, bin ich in drei Stunden in Südtirol. Das ging plötzlich nicht mehr, und das hat mir schon zu denken gegeben.
Wie oft saßen Sie vor Corona im Flieger?
100 Mal im Jahr, mindestens. Jetzt brauchte es das plötzlich nicht mehr. Es war ja oft so, dass man zu einem Meeting gefahren ist, mit dem sicheren Ziel etwas final zu besprechen, und dann hat es doch nicht geklappt. Die Menschen werden in Zukunft weniger mobil sein wegen der Arbeit. Und es gibt noch eine andere wichtige Entwicklung. Viele Staaten und Unternehmen haben realisiert, dass sie ihre Versorgungsketten überdenken müssen. Es hat mit nationaler Sicherheit zu tun, wenn ein Land sich in einer Krise nicht mehr mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgen kann. Was ist die Folge davon? Unternehmen werden mehr lokal investieren.