War für dich immer schon klar, dass du ins Familienunternehmen einsteigen wirst?
Ich habe von klein auf mitbekommen, was im Unternehmen passiert. Einzusteigen ist mir nahegelegt worden, aber die Entscheidung kam von mir selbst. Wenn es nach meinem Vater gegangen wäre, hätte es allerdings etwas später sein sollen. Unser Pakt lautete: nicht vor 30. So bin ich zunächst nach dem Studium nach Asien, wo ich meine ersten Erfahrungen bei Alibaba gemacht habe. Ich war in Monat 1 der Gründung dabei, als das „Amazon von Asien” mit Finanzierungen von Investoren von null aufgebaut wurde. Das war eine sehr positive Erfahrung, auch, weil man sich Fehler leisten konnte, die man im eigenen Unternehmen nicht machen möchte. Ende 2014 bin ich dann ins Familienunternehmen eingestiegen, zunächst ins Produktmanagement. Danach kam der Retailbereich und schließlich die Finanzen. Bis zum vergangenen Jahr habe ich mich durch alle Abteilungen gearbeitet, bis ich schließlich selbst in die Geschäftsführung eingetreten bin.
Du bist zwischen Thun-Figuren und Geschirr aufgewachsen. Was war das erste Produkt, das du im Produktmanagement eingeführt hast?
Das war keine Neuheit, sondern eine Neuauflage: In den 60ern war der Teddybär bei Thun schon populär, und ich habe ihn wieder eingeführt. Heute ist er das Sammlerobjekt Nummer eins. Es gibt ihn in allen Größen und Formen, mit kleinen Herzen oder in besonderer Optik je nach italienischer Region. Der ist einfach niedlich. Dieser „effetto del carino” zieht unsere Kunden an.
Thun weiß viel über seine vor allem weiblichen Kundinnen.
Seit 22 Jahren gibt es den Thun-Club mit mittlerweile eineinhalb Millionen Mitgliedern. Da schreiben sich unsere Kundinnen und Kunden ein und genießen dafür besondere Vorteile. Die Mitglieder im Club machen mehr als zwei Drittel unseres einkaufenden Kundenstammes aus.
Das versetzt das Unternehmen in die glückliche Lage, täglich mit einem Großteil der Kunden kommunizieren zu können. Wie genau kann man sich das vorstellen?
Wir haben im Durchschnitt 20 bis 30 Datenpunkte über jeden Konsumenten und können unsere Kommunikation zielgerichtet einsetzen. Ein Kunde, der gerne Neuheiten mag, wird eher darüber informiert werden. Eine Sammlerin von Teddybären erfährt alles aus diesem Bereich.
Sind die Südtiroler Thun-Fans?
Südtirol ist seit jeher die schlechteste Provinz im Verkauf, weil die Leute einen nordischen Geschmack haben. Die besten Regionen sind Apulien, Kalabrien, jene Gegenden, wo barocke Formen und Figuren gut ankommen. Und genau aus solchen Regionen kommen viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch hierherziehen, um für Thun zu arbeiten. In der ganzen Firma arbeiten nur zwei (!) deutschsprachige Südtirolerinnen.
Viele Unternehmen ringen um eine Frauenquote – bei Thun sind 86 Prozent der Mitarbeiterinnen Frauen. Wie kommt es?
Das liegt sicher auch daran, dass das Unternehmen von einer Frau gegründet wurde. Die Seele meiner Großmutter Lene spürt man im Unternehmen bis heute. In den Geschäften, wo unsere Produkte verkauft werden, arbeiten fast nur Frauen. Seit meinem Einstieg habe ich einen guten Draht zu weiblichen Managerinnen aufgebaut, auch unsere Personalchefin ist eine Frau. Vielleicht identifizieren sich Frauen mehr mit unseren Produkten. Apropos Produkte, ich muss noch einmal an den Teddy denken. Ich habe mir nie groß Gedanken darum gemacht, warum ich ausgerechnet den wieder auflegen wollte.
Und?
Mein liebstes Kuscheltier in der Kindheit war ein Teddy. Vielleicht hat das im Hinterkopf eine Rolle gespielt.