Kommen, Bleiben, Gehen: Landflucht der Kreativen?
“Kommen, Bleiben, Gehen. Landflucht der Kreativen?”: unter diesem Titel erscheint in Kürze die Erstausgabe von 39NULL - Magazin für Gesellschaft und Kultur. Dabei wird ein Versuch unternommen das Phänomen des kreativen Braindrain aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Entstanden ist eine Sammlung persönlicher Lebensgeschichten, die vor allem Beweggründe, Motivationen aber auch Hoffnungen und Visionen eines Lebens in- oder außerhalb Südtirols in den Mittelpunkt rücken.
Hinter dem Projekt steht der Verein "kognitiv – Verein für Wahrnehmung", der im Juni 2011 im Vinschgau mit dem Ziel gegründet wurde, kulturelle Prozesse in Südtirol zu fördern. Zur Finanzierung des Drucks für die erste Ausgabe des Magazins wurde unter www.krautreporter.de/39NULL ein Crowdfunding-Projekt eingerichtet, mit dem Ziel bis zum 15. April mindestens 1.500 Euro zu sammeln. Mit 2.633 Euro zum heutigen Tag, ist das Funding-Ziel eigentlich schon erreicht worden - wer sich jedoch die Erstausgabe sichern will, kann dazu beitragen und das Projekt mit 30 Euro unterstützen. Lukas Marsoner, der Vorsitzende von "kognitiv" erzählt uns in einem Interview mehr über das Projekt:
Foto: Alexander Gehring - v.l.n.r. Lukas Marsoner (Herausgeber), Barbara Weithaler (Redaktion und PR), Martin Santner (Textredaktion). Auf dem Foto fehlt Julia Egger (Layout).
1. Südstern: In Kürze erscheint die erste Ausgabe des Magazins "39NULL" eines Magazins für Gesellschaft und Kultur, das vom Verein für Wahrnehmung "kognitiv" herausgegeben wird. Wie kam es zur Gründung des Vereins?
Lukas Marsoner: Ein Teil der Gründungsmitglieder hat bereits in der Vergangenheit bei der Organisation zahlreicher kultureller Veranstaltungen mitgewirkt. Um dem Ganzen einen Rahmen zu geben, Aktivitäten zu bündeln und andere fähige Leute mit ins Boot zu holen, haben wir einen Verein gegründet. Der Verein als Rechtsform bietet mehr Handlungsspielräume und dient als Grundlage, professioneller arbeiten zu können.
In unserer Vereinstätigkeit möchten wir Tendenzen und Entwicklungen in unserem kulturellen und gesellschaftlichen Umfeld wahrnehmen, darauf reagieren und mitgestalten. Ich finde das Magazin ist ein Schritt in diese Richtung.
2. Die erste Ausgabe behandelt das Thema "Kommen. Bleiben. Gehen. Landflucht der Kreativen?" Warum verlassen gerade viele kreative Köpfe Südtirol?
Die erste Ausgabe beschäftigt sich unter anderem mit dieser Frage. Wir wollten herausfinden, ob ein „Braindrain“, ein sogenannter Abfluss von geistigem Kapital zu beobachten ist und wie die Region und die Charaktere beeinflusst werden. Im Laufe der Recherche sind wir auf viele verschiedene Ansichten gestoßen. Entstanden ist eine Sammlung persönlicher Lebensgeschichten, die vor allem Beweggründe, Motivationen aber auch Hoffnungen und Visionen eines Lebens in- oder außerhalb Südtirols in den Mittelpunkt stellt. Personen, die zur kulturellen und sozialen Entwicklung der Region beitragen, in der sie leben sind Hauptakteure im Magazin. Schriftsteller, Filmemacher, Künstler, Designer, Kulturmanager u.v.a. erzählen, warum sie gingen, blieben oder kamen.
3. Gibt es unter den Südtiroler Kreativen in Berlin einen regen Austausch? Wie viele Geschichten über kreative Südtiroler Köpfe in Berlin werden in der ersten Ausgabe des Magazins erscheinen?
Ich lebe erst seit 2 Jahren in Berlin und lerne, meist zufällig, immer wieder Südtiroler kennen. Einige trifft man häufiger, einige weniger oft. Es gibt meines Wissens keinen „Südtiroler Stammtisch für Kreative“ oder Ähnliches.
Die Geschichten konzentrieren sich nicht nur auf Berlin. Wir haben auch mit Menschen in London, Wien oder Mailand gesprochen. Neben Interviews werden auch Essays, Portraits und Briefwechsel zu lesen sein. Wie viele Geschichten aus Berlin in der ersten Ausgabe erscheinen werden kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Eine Antwort darauf gibt es nach Redaktionsschluss.
4. Die Finanzierung für den Druck der ersten Ausgabe erfolgte über eine Crowdfunding-Kampagne. Seid ihr zufrieden mit dem bisherigen Erfolg und ist es noch möglich über die Kampagne eine Erstausgabe zu beziehen?
Wir sind sehr überrascht über die positiven Reaktionen und die zahlreichen Unterstützer. Ziel ist es einen Teil der Druckkosten zu finanzieren, dabei haben wir einen Betrag von 1.500€ festgelegt, den es zu erreichen gilt. Wir haben den Betrag bewusst niedrig angesetzt, denn bei solchen Crowdfunding Kampagnen zählt das Alles-oder-Nichts-Prinzip, d.h. wird der Zielbetrag nicht erreicht, bekommt man nichts und die Unterstützer erhalten ihr Geld zurück. Insgesamt liegen allein die Druckkosten bei ca. 4.000€ und wir haben bis dato 2.648€ gesammelt (Stand 24.03.13). Die Aktion läuft noch 23 Tage, und wer weiß, vielleicht schaffen wir es, die gesamten Druckkosten mit Hilfe der Kampagne zu finanzieren. Jede/Jeder Interessierte kann das Projekt mit einem Betrag von 10€ - 500€ unterstützen und bekommt dafür ein Geschenk. Ab einem Betrag von 30€ bekommt man eine Ausgabe frei Haus geliefert.
5. Habt ihr bei der Finanzierung des Projekts auch darüber nachgedacht euch an die Kulturförderstellen der Provinz Bozen zu wenden?
Ja wir haben einen Antrag beim Amt für Kultur eingereicht und werden Mitte April darüber benachrichtigt, ob das Projekt gefördert wird oder nicht.
6. Gibt es schon Ideen für die nächsten Ausgaben des Magazins und in welchem Rhythmus soll dieses zukünftig erscheinen?
Ideen für eine nächste Ausgabe gibt es eine ganze Menge. Allerdings steht noch nicht fest, wann diese erscheinen wird. Wir sind momentan noch sehr mit der aktuellen Ausgabe beschäftigt und möchten erstmal abwarten, wie die Reaktionen darauf sein werden.
7. Welche Tipps würdet ihr einem jungen Südtiroler Kreativen geben, der für eine Ausbildung bzw. für einen Job nach Berlin ziehen will?
Ich glaube, es gibt kein Erfolgsrezept, um glücklich oder erfolgreich zu werden, wenn man in eine fremde Stadt zieht. Es ist sicherlich hilfreich aufgeschlossen zu sein. Man sollte sich auf neue Situationen einlassen können und fähig sein zu improvisieren. Planung im Vorfeld und Recherche in dem Bereich, in dem man tätig sein will, sind auch nützlich. Wenn es ein bereits bestehendes Netzwerk gibt, um so besser. Man sollte sich auch Zeit geben, um Anzukommen.