"Der Weg zu höheren Positionen verlangt heute selten technisches Spezialwissen"
Ignaz Donà lebt seit vielen Jahren in Wien und ist als Projektmanager im Bereich Pipelinebau und Gasspeicher für Erdgas tätig. Im Südstern- Interview spricht er über die Energiewende und die Rolle des Erdgases in der zukünftigen Energieversorgung.
Einige Rohstoffexperten vergleichen die Aufbruchsstimmung rund um die Erdgasgewinnung durch ‘‘Fracking‘‘ mit dem Goldrausch des 19. Jahrhunderts. Erdgas ist emissionsarm, schadstoffarm und günstiger als Erdöl. Freuen Sie sich, wenn der Ölpreis weiter steigt?
Als Autofahrer freue ich mich wenig über einen steigenden Ölpreis. Für Mitarbeiter in einem Primärenergieunternehmen erleichtert ein hoher Ölpreis jedenfalls Investitionsentscheidungen im Explorationsbereich. Ein hoher Ölpreis hat aber auch firmenintern eine Kehrseite. Er stellt aktuell ein riesiges Problem für die Erdgasgaswirtschaft dar. Die langfristigen Lieferverträge mit Russland und anderen Lieferländern sind an den Ölpreis gebunden. Durch den Schiefergas-Boom in den USA ist der Bedarf an verflüssigtem Erdgas aus den traditionellen Lieferländern in den USA extrem zurückgegangen. Dieses Gas drängt verbilligt nach Europa und hat das zuvor stabile Preisgefüge zerstört. Die traditionellen europäischen Gasimporteure müssen ihren ölpreisgebundenen Abnahmeverpflichtungen z. B. gegenüber Russland nachkommen, können aber dieses teure Erdgas nur unter dem Einstandspreis an ihre Kunden weitergeben. Folgen dieses Effektes: alle europäischen Gasimporteure schreiben derzeit massive Verluste und die Stromwirtschaft und Schwerindustrie weicht- soweit sie nicht an Verträge gebunden ist - auf die deutlich verbilligte aber emissionsintensive Kohle aus, welche in den USA vom billigen Schiefergas verdrängt wurde.
Erdgas spielt bekanntlich eine Schlüsselrolle bei der Energiewende. Glauben Sie, dass diese nach dem Atomausstieg Deutschlands noch realistisch möglich ist?
Die regenerative Energie steht in nennenswertem Umfang nur bei ausreichend Wind und Sonnenschein zur Verfügung. Erdgas hat mit und ohne Atomenergie die Aufgabe, mittels Kraftwerken jenen schwankenden elektrischen Energiebedarf der Verbraucher zu decken, welcher zusätzlich zur regenerativ erzeugten elektrischen Energie erforderlich ist. Nimmt Europa / die Welt die Kyoto-Ziele ernst, kommt dem Erdgas zumindest für die nächsten Jahrzehnte eine eminente Schlüsselrolle zu.
Wie bereiten sich die zentraleuropäischen Energiefirmen darauf vor?
In alle großen Energieunternehmen wird massiv in das Standbein Erdgas investiert. Zeitgleich wird begleitend am Projekt „Power to Gas“ geforscht, wobei mit überschüssiger regenerativer elektrischer Energie Wasserstoff produziert wird, welcher in Reaktion mit CO2 zu synthetischem Erdgas (CH4) verwandelt werden soll. Damit ergibt sich die Möglichkeit, überschüssigen regenerativen Strom in Form von Erdgas zu speichern und über bestehende Pipelines umweltfreundlich zu den Verbrauchern zu bringen.
Was hat Sie dazu bewogen, Ingenieur zu werden? Werden heute andere Anforderungen an den Ingenieursberuf gestellt als früher?