"In Wahrheit war ich und bin ich ein Racer"

Dienstag, 25.06.2013

Alberto Donás Karriereweg könnte kaum vielseitiger oder individueller sein. Der gebürtige Brixner, Jurist und Rennfahrer besuchte die Diplomatische Akademie in Wien und war unter anderem für die Generali Versicherungen und die Internationale Atomenergiebehörde als Kabinettschef tätig. Nun ist er stellvertretender Beobachter des Malteser Ritterordens in Wien. Im Südstern- Interview erzählt Alberto Doná von Generalversammlungen der Vereinten Nationen, seinen Ambitionen und wie er die Gefahr aus dem Nahen Osten einschätzt.


 


Alberto Doná

 

Ihr Lebenslauf klingt sehr spannend: Sie haben einige Jahre lang unterrichtet, waren dann als Rennfahrer erfolgreich bevor Sie in den diplomatischen Dienst eingetreten sind. Wie hat sich Ihre Karriere entwickelt?

 

In Wahrheit war ich und bin ich ein „Racer“. Von den Skirennen bis hin zu den Autorennen, die ich nun schon ein bisschen meinem Geburtsjahr angepasst auf Oldtimern bestreite, war Wettbewerb immer präsent. Ich glaube, dass dies auch meine berufliche Laufbahn geprägt hat und finde, dass es mir immer den notwendigen Auftrieb gegeben hat um weitere Ziele zu erreichen.

Nach dem Jurastudium und dem Unterrichten in Italien bekam ich ein Stipendium an der Diplomatischen Akademie in Wien, von wo ich nach dem Abschluss direkt vor Ort von den Generali Versicherungen für das Auslandsgeschäft in Deutschland angeworben wurde.

Meine Zeit an der Diplomatischen Akademie hat mir die Vereinten Nationen und deren Ziele näher gebracht und somit kehrte ich nach zwei lehrreichen Jahren in Deutschland nach Wien zurück, wo ich bei der Internationalen Atomenergie Organisation im Bereich auswärtige Beziehungen einen Job angeboten bekam. In der IAEO habe ich in meiner Dienstzeit von 26 Jahren die verschiedensten Bereiche kennengelernt bis hin zum Kabinettschef.

Nach dem Motto im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein wurde ich bei einer IAEO -Konferenz vom damaligen Botschafter des Souveränen Malteser Ritterordens bei den Internationalen Organisationen darauf angesprochen, ob ich in Erwägung ziehen könnte im diplomatischen Dienst des Ordens für die internationalen Organisationen in Wien tätig zu werden. Nach einer notwendigen Bedenkzeit beschloss ich die Frühpension bei der Behörde anzutreten. Durch Regierungsbeschluss wurde ich in den diplomatischen Dienst des Ordens aufgenommen und bin nun der stellvertretende Beobachter des Ordens bei den internationalen Organisationen in Wien.

 

 

Sie sind Gesandter des Souveränen Malteser Ritterordens in Wien, einer Entität die einerseits Reisepässe und Briefmarken herausgibt, andererseits aber bis auf zwei Gebäude in Rom kein eigenes Staatsgebiet hat. Ist das nicht ein bisschen widersprüchlich?

 

Nein, denn die Geschichte lehrt uns eines Besseren; der Orden hat eine 960 Jahre lange Geschichte hinter sich, wo ihm seit 1113 der Papst rechtliche Eigenständigkeit gegenüber der Kirche gewährt und die durch päpstliche Dekrete garantierte Unabhängigkeit von anderen Staaten bilden die Grundlage für die internationale Anerkennung der Souveränität des Ordens. Die Extraterritorialität ist derzeit dem Magistralpalast im Rom und der Magistralvilla am Aventin gewährt. Dies hat sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt, da der Orden über 500 Jahre mit Rhodos und dann Malta wohl über ein eigenes Territorium verfügte. Der Orden unterhält derzeit bilaterale diplomatische Beziehungen zu 104 Staaten, offizielle Beziehungen zu sechs weitern Staaten, offizielle Beziehungen im Rang einer Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und zahlreichen anderen internationalen Organisationen. Die Regierung des Ordens ist mit den Strukturen anderer Staatsregierungen vergleichbar. Den Orden regiert der Großmeister, der dabei vom Souveränen Rat unterstützt wird, dem er vorsteht. Zu diesem gehören: Der Großkommandeur als sein Stellvertreter, der Großkanzler als Minister für Äußeres und Inneres, der Großhospitalier als der Minister für Gesundheit, Soziales, humanitäre Hilfe und internationale Zusammenarbeit und der Rezeptor des Gemeinsamen Schatzes als dem Finanzminister, dazu treten sechs weitere Mitglieder als Räte. Der Orden zählt um die 13.000 Mitglieder, 80.000 geschulte freiwillige Mitarbeiter und 20.000 an Ärzten und medizinischem Personal, die in 120 Staaten weltweit im Einsatz sind.

 

 

Woher kommt eigentlich der Name “Malteser”? Was sind die Grundwerte des Ordens?

 

Der Orden entsteht im Jahre 1048. In Jerusalem wurden eine Kirche, ein Konvent und ein Hospital errichtet, in dem Pilgern ohne Unterschied des Glaubens und der Rasse Schutz und Obdach gewährt wurde. Nach dem Verlust von Akkon zieht sich der Orden zunächst nach Zypern und auf die Insel Rhodos zurück.

Im Jahr 1530 nimmt der Großmeister Fra Philippe de Villiers die Insel Malta in Besitz, wo die Hauptstadt von Malta nach einem darauffolgenden Großmeister Fra Jean de la Valette benannt wird. Aus dieser Zeit stammt der Begriff „Malteser“.

Der Orden „bekennt sich zu den christlichen Tugenden der Nächstenliebe und Brüderlichkeit, indem er Werke der Nächstenliebe und Brüderlichkeit ohne Unterschied des Glaubens, der Rasse, der Herkunft oder des Alters“ ausübt.

„Der Orden erfüllt seine institutionellen Aufgaben vornehmlich durch medizinische und soziale Hilfen für Arme und Kranke und durch den Beistand für Opfer von Katastrophen und Kriegen“. (Aus Art. 2 der Ordensverfassung)

 


Welche Aufgaben erfüllt der Malteser Ritterorden in der UNO?

 

Der Orden unterhält offizielle Beziehungen im Range einer Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen und zahlreichen anderen Internationalen Organisationen. Damit steht für seine humanitären Aufgaben ein einzigartiges humanitäres Netzwerk -Humanitäre Diplomatie- zur Verfügung. Die Aufgaben dieses besonderen Netzwerkes sind die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Internationalen Organisationen zu fördern. Der Orden informiert über seine Aktivitäten und definiert mögliche Gebiete zur Zusammenarbeit.

Einige Beispiele:

Mit der Atombehörde besteht ein Kooperationsvertrag im Rahmen eines Tumortherapie-Programms für Albanien.

Mit den Vereinten Nationen läuft ein Kooperationsvertrag hinsichtlich HIV/AIDS bei Müttern in Namibia.

Im Bereich der internationalen Politik verhält sich der Orden neutral, unparteiisch und nicht politisch. Wegen dieser Haltung kann der Orden eine Vermittlertätigkeit ausüben.

 

 

Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

 

Die Organisationen bei denen wir akkreditiert sind werden immer mehr und demzufolge die relativen Konferenzaktivitäten bei denen wir teilnehmen. Dies bringt eine gewisse Vorbereitungszeit zum Studium der Dokumente, Verfassung von Interventionen, Gespräche und Verhandlungen mit verschiedenen anderen diplomatischen Vertretungen. Zwischen und nach den Sitzungen fallen in der Bürozeit unzählige Telefonate und Verhandlungen mit anderen Diplomaten, dem auswärtigen Amt in Rom und demselben der Republik Österreich, verschiedenen Ministerien und internationalen Organisationen und das Verfassen verschiedener Berichte an. Nach einem langen Arbeitstag vertritt man dann noch den Orden bei verschiedenen offiziellen Veranstaltungen.

 

 

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen ist für lange Diskussionen, schlaflose Nächte und eingenickte Diplomaten allgemeinhin bekannt. Wie werden die Tagesordnungspunkte bestimmt? Ist es schwer dabei den Überblick zu behalten?

Gemäß der Charta der Vereinten Nationen besteht die Generalversammlung aus allen Mitgliedern der Vereinten Nationen und kein Mitglied hat mehr als fünf Vertreter in der Generalversammlung. Die Generalversammlung kann generell alle Fragen erörtern, welche die Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit betreffen und die ihr von einem Mitglied der Vereinten Nationen oder vom Sicherheitsrat vorgelegt werden. Bezüglich aller solcher Fragen kann sie Empfehlungen an den betreffenden Staat oder an die betreffenden Staaten oder an den Sicherheitsrat oder an beide richten. Gemäß der Brisanz der behandelten Themen wird das Interesse der Delegierten direkt proportional sein.

 

 

Sie waren unter anderem Kabinettschef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). Iran scheint immer mehr zum Spielball der amerikanisch-israelischen Sicherheitspolitik zu werden. Auf die angebliche Ausweitung der Uran-Anreicherung wird mit noch schärferen Sanktionen reagiert, die besonders die iranische Zivilbevölkerung sehr stark unter Druck setzen. Geht es dabei wirklich nur um die Angst vor einer iranischen Atombombe?

 

Auch der jüngste Gesprächsmarathon über das iranische Atomprogramm ist ohne echte Annäherung zu Ende gegangen. Das geheime und aufgedeckte Atomprogramm verlangt immer noch vertrauensbildende Maßnahmen, die bis jetzt fehlen. Bis jetzt hat der Iran meistens darauf gesetzt um Zeit zu gewinnen. Nun möchte auch der Westen abwarten, wie sich der neue Präsident des Iran im Konflikt positioniert. Es ist ein Balanceakt in einer immer heikler werdender geopolitischen Region dieser Erde.

 

 

Sie sind Absolvent der Diplomatischen Akademie Wien, die als Kaderschmiede schlechthin für das Außenministerium gilt. Welchen Ratschlag würden Sie einer jungen Südtirolerin geben, die bei einer Internationalen Organisation Karriere machen möchte?

 

Für mich hat das Studium an der Diplomatischen Akademie die Weichen in meiner Karriere gestellt und mir eine übernationale Sicht auf viele Dinge gegeben.

Ein Internship-Programm bei einer Organisation kann ein vielversprechender Einstiegsversuch  sein und ich konnte mehr als einem Südtiroler beim Einstieg in das internationale Milieu behilflich sein.

 

 

Was hat Sie persönlich dazu bewogen, diesen Weg einzuschlagen?

 

Ich wollte meinen Horizont über unser Südtirol hinaus erweitern. Dies gibt auch Verständnis und Offenheit gegenüber anderen Kulturen, Denkweisen und Mentalitäten.

 

 

Europa sieht stürmischen Zeiten entgegen: Blicken Sie noch optimistisch in die Zukunft?

 

Optimismus war und ist noch immer ein Leitsatz in meinem Leben.

 

 

Was wünschen Sie sich am meisten für Südtirol?

 

Dass die Entspannung zwischen den Volksgruppen weitergeht und Südtirol die italienische und internationale Krise so gut wie möglich bewältigen kann.

 

 

Wie erleben Sie Südstern?

 

Als ein Südstern Testimonial, der das Netzwerk von Anfang begeistert mitgetragen hat, ist es mir immer sehr nahe gewachsen.

 

 

Redaktion: Alexander Walzl

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