"Air Alps war wie eine große Familie"
Nach einer Anstellung bei der Air Alps ist der gebürtige Pusterer Ralph Willeit nun seit acht Jahren als Pilot bei Ryanair tätig und lebt mit seiner Familie in Liverpool. Im Südstern-Interview erzählt er vom Kindheitstraum Fliegen, von den Herausforderungen, die das Pilotendasein mit sich bringt und gibt Einblicke in die Arbeitsweise der Billigfluglinie Ryanair im Vergleich zur Air Alps.
Pilot ist für viele der Traumberuf schlechthin. War das Fliegen auch für Sie ein Kindheitstraum?
Ich erinnere mich noch genau als ich klein war und ich die Kondensstreifen in der Luft gezählt habe und davon geträumt habe, wie schön es wäre einmal ein Flugzeug zu fliegen. Diese Gedanken haben mich nie verlassen und heute sitze ich hier in einer Boeing 737-800 auf 39.000 Fuß und fliege mit 770 km/h von Liverpool nach Teneriffa während ich diese Fragen beantworte. Ich war kaum 21 Jahre alt als ich endlich mit der Pilotenausbildung angefangen habe. Es war anfangs sehr schwierig, da niemand in meiner Umgebung wusste, wie man eigentlich Pilot wird und ich musste mir alle Information selbst einholen. Dennoch nach Ausbildung in Deutschland, Österreich und fünf Jahren als Fluglehrer in den USA ist mir der Sprung in die Airline geglückt. Air Alps war mein erster Arbeitsgeber und ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und viel gelernt. Zwei Jahre später hatte ich mit Ryainair meine erste Jet-Erfahrung gesammelt und bin mittlerweile acht Jahre mit dem Irischen Low Cost Carrier als Kapitän und seit Kurzem auch als Fluglehrer auf der Boeing 737-800 tätig. Ich könnte mir keinen anderen Beruf für mich vorstellen, der mir so viel Genugtuung bringt und zugleich so vielseitig ist.
Welche für den Ottonormalflieger ungeahnten Herausforderungen bringt das Pilotendasein mit sich?
Das Interessante an meiner Arbeit ist, dass kein Tag wie der andere ist. Jeder Tag hat seine Herausforderungen, sei es das stürmische Wetter der Destination, ein technischer Defekt, oder eine Verspätung aufgrund eines Streiks um nur einige Beispiele zu nennen. Dazu kommt hinzu, dass man als Pilot einen untypischen Arbeitsrhythmus hat: Ich stehe oft um 4 Uhr morgens auf und komme dann erst um 16 Uhr wieder nach Hause, oder ich gehe um 15 Uhr zur Arbeit und komme nach Mitternacht erst in mein Bett. Zudem haben wir alle 6 Monate einen Simulatorcheck. Dabei wird geprüft, ob wir bei Notfallsituationen richtig handeln und wie wir damit umgehen können. Ich denke in keinem anderem Beruf wird man sein ganzes Arbeitsleben lang so getestet und geprüft. Heutzutage wird fast jeder Flug analysiert und es wird darauf geschaut, ob die Piloten das Flugzeug nach bestimmten Richtlinien fliegen und sollte das nicht der Fall sein wird man sofort zurechtgewiesen - immerhin fliegen wir bis zu 189 Passagiere von A nach B.
Bevor Sie zur Ryanair kamen, waren Sie bei Air Alps tätig. Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit beim Billigflug-Giganten von der kleineren, jetzt bankrotten Airline?
Air Alps und Ryanair sind zwei unterschiedliche Unternehmen und man kann sie daher nicht so sehr vergleichen, außer vielleicht dass Ryanair am Ende des Jahres schwarze Zahlen schreibt und Air Alps leider nicht. Die Sicherheit der Passagiere steht bei beiden Unternehmen natürlich an erster Stelle. Air Alps war wie eine große Familie, jeder kannte jeden und es war im Allgemeinen ein gutes Arbeitsverhältnis zumindest zwischen dem fliegenden Personal. In Ryanair haben wir ungefähr 3000 Piloten mit 300 Flugzeugen und weitere 175 sollten in den nächsten Jahren erwartet werden, das heißt ich fliege oftmals mit Piloten die ich vorher noch nie gesehen habe und vielleicht erst in einigen Jahren wieder sehe.
Jeder Flughafen hat beim Start- und Landeanflug so seine Vorzüge und Tücken. Welches Flugziel haben Sie bis jetzt als größte Herausforderung erlebt?
Das Wetter spielt bei meiner Arbeit natürlich eine große Rolle, meine 'Home Base' Liverpool kann sehr windig und nass werden, was sich oftmals an Ryanairs Flugzeuglimits annähert. Gerade in den letzten Tagen (Mitte Februar) hatten wir zum Beispiel stürmisches Wetter mit Windgeschwindigkeiten von über 100km/h, was das Starten und Landen in Liverpool unmöglich machte und weshalb wir auf andere Flughäfen umgeleitet wurden oder Flüge sogar gestrichen wurden. Ein anderes Beispiel wäre Belfast City in Nord-Irland mit einer sehr kurzen Landebahn bei sehr typischem englischem Wetter, oder einige Flughäfen in Polen welche nur ein Anflugverfahren auf eine Landebahn haben. Wie gesagt, vieles hängt vom Wetter ab
Um die Zukunft des Bozner Flugplatzes wurde viel gestritten. Wie soll es Ihrer Meinung nach mit dem Flugplatz weitergehen?
Ich denke solange der Bozner Flughafen nicht vergrößert wird und besser geeignete Anflugverfahren installiert werden wird sich nicht viel ändern, der Flughafen ist aufgrund seiner Position sehr eingeschränkt.
Als Pilot sind Sie naturgemäß viel auf Reisen. Bleibt da auch genug Zeit für Ihre Frau und Ihre zwei Kinder?
Ryanair fliegt nur, zumindest bis jetzt noch, Kurz- und Mittelstrecken, das heißt, dass ich entweder 2 oder 4 Sektoren am Tag fliege, z.B. von Liverpool nach Rhodos mit 25 Minuten (!) Aufenthalt dann wieder zurück nach Liverpool, oder Liverpool-Dublin-Liverpool dann weiter nach Malaga und wieder zurück nach Liverpool. Mein Arbeitstage bei Ryanair sind so eingeteilt dass ich immer fünf Tage arbeite dann vier Tage frei habe, fünf arbeite und vier frei und so weiter. Ich komme jeden Tag nach Hause und sehe deshalb meine Familie täglich. In meinen acht Jahren bei Ryanair habe ich vielleicht vier mal in einem Hotel übernachtet und das nur aufgrund eines technischen Problems oder wetterbedingt. Ryanair ist sehr effizient wenn es ums Geldsparen geht und ein Hotel für eine ganze Crew würde natürlich viel Geld kosten. Bei meinem Beruf bleibt genügend Zeit für meine Familie, natürlich hängt das davon ab, bei welcher Airline man fliegt und ob man auf Langstrecken arbeitet oder nicht.
Was verbindet Sie mit Ihrer Heimat im Pustertal?
Jedes mal wenn ich über die Alpen fliege und Südtirol unter mir sehe, bin ich immer sehr stolz am schönsten Fleck der Welt aufgewachsen zu sein, und ich freue mich immer sehr mit meiner Frau und meinen Kindern nach Hause ins Pustertal zu gehen, um meine Eltern, Schwester und deren Familie und natürlich meine Freunde zu sehen. Es ist sehr wichtig für mich, dass sich meine zwei Söhne Oliver und Leo mit Omi und Opi aus Bruneck unterhalten können und deshalb spreche ich ausschließlich 'Puschtrarisch' mit meinen Kindern, und ich bin der Meinung dass es notwendig ist, die Geschichte und Gebräuche meines Landes an meine Kinder weiterzugeben.
Interview: Verena Platzgummer