Herbert Quinz: „Trotz des Kostendrucks sind Empathie und Vertrauen am Wichtigsten“
Eine neue Folge der MedizinerInnen-Serie aus der Tageszeitung "Dolomiten": Das beste Ergebnis mit dem geringsten Kostenaufwand ist zunehmend auch im Gesundheitswesen das Credo. Für den Kardiochirurgen Herbert Quinz (34) stehen aber nach wie vor Kompetenz und Fürsorge im Mittelpunkt der medizinischen Behandlung. Nach seinem Studium in Padua, Berlin und Barcelona, arbeitet der Toblacher heute in Augsburg und trifft dort auf Südtiroler PatientInnen.
Die Kardiochirurgie ist ein junges Fachgebiet – was ist so faszinierend daran?
Herbert Quinz: Das Herz ist ein mit Leben gefülltes Organ! Für unsere Ahnen war es Sitz der Gefühle und der Seele und bis vor hundert Jahren waren Operationen am Herzen noch undenkbar. Wegbereitend für die Herzchirurgie waren die Entwicklung der Herz-Lungen-Maschine und die Pionierleistungen außergewöhnlicher Chirurgen. C. Walton Lillehei operierte in den 1950er Jahren erstmals am offenen Herzen und 1967 führte Christiaan Barnard die weltweit erste Herztransplantation durch.
Wo steht die Herz- und Thoraxchirurgie heute?
Quinz: Sie befindet sich in einem Wandel. Neben der chirurgischen Geschicklichkeit muss ein Kardiochirurg nun auch komplexe Technologien beherrschen. Im Hybrid-Operationssaal trifft modernste Technik auf traditionelle Verfahren, um minimalinvasive Eingriffe zu ermöglichen. Faszinierend sind auch die Entwicklungen im Bereich der Kunstherzen, die auf lange Sicht wohl die Herztransplantation ersetzen werden.
Was liegt Ihnen als Arzt am Herzen?
Quinz: Erkrankte Menschen wünschen sich eine kompetente und fürsorgliche Behandlung. Der zunehmende Kostendruck führte in den vergangenen Jahren zu einer Ökonomisierung der Gesundheitsbranche. Bei Kosten-Nutzen-Analysen sollte die ethische Dimension jedoch nicht vergessen werden, denn für mich stellen Empathie und Vertrauen die Grundlagen der medizinischen Behandlung dar – auch wenn diese Werte für die Ökonomie kaum quantifiziertbar und messbar sind.
Welche Perspektiven sehen Sie im Gesundheitsbereich für Südtirol?
Quinz: Nach einem Schlaganfall, einem Herzinfarkt, einem Unfall oder einer Operation ist eine Rehabilitation dringend notwendig, um Beweglichkeit und Fitness wiederzuerlangen, aber auch um Folgeschäden zu vermeiden. Ich sehe besonders für Südtirol, mit seinen kulturellen und geographischen Merkmalen, ein beachtliches Potential sich in dieser Sparte der Gesundheitsbranche etablieren zu können. Medizinische Forschung wird entweder von der Industrie oder von Forschungseinrichtungen an Hochschulen betrieben. Deshalb glaube ich, dass die Gründung der geplanten Medical School ein wichtiger Schritt wäre, den notwendigen Rahmen für Wissenschaft in Südtirol zu schaffen.
Denken Sie manchmal an eine Rückkehr nach Südtirol nach?
Quinz: Die Entwicklungen in der Südtiroler Gesundheitspolitik verfolge ich mit großem Interesse. Gerade durch meinen Master im Gesundheitsmanagement könnte ich mir vorstellen, selbst an deren Gestaltung teilzunehmen. Dank der Ausarbeitung eines Kooperationsvertrages mit dem Südtiroler Landtag und der Zusammenarbeit mit einigen Kollegen im Land, wurden bereits etliche SüdtirolerInnen in Augsburg am Herzen operiert. Die Möglichkeit, Herzoperationen direkt in Südtirol durchzuführen, wäre für mich sehr verlockend.
Interview: Alexandra Hawlin