"Kai Pflaume ist wirklich so nett wie er im TV rüberkommt"
Tobias Mahlknecht lebt seit 10 Jahren in München und war als Redakteur und Redaktionsleiter für bekannte deutsche TV-Shows tätig, bevor er sich entschieden hat ein Unternehmen zu gründen. Im Südstern-Interview gibt er einen Einblick hinter die Kulissen des Showgeschäfts und erzählt uns von seinem Start-up.
Dein Einstieg in die TV-Welt erfolgte bei ProSiebenSat.1, in der Abteilung Format Development. Deine erste Erinnerung daran?
In der ProSiebenSat.1 Kantine habe ich in vier Monaten sechs Kilogramm zugenommen und so viel gewogen, wie nie zuvor und niemals danach! Es gab immer sehr gute Currywurst mit Pommes. Abgesehen davon erinnere ich mich noch an schwarze VW-Busse, mit denen Haim Saban oft vorgefahren wurde. Er hat als “Heuschrecke” die Holding damals gekauft und mit hohem Gewinn verkauft. Ansonsten war das Praktikum eher ein Flop: Beobachtung des TV-Marktes national – ich hatte mir beim Fernsehen etwas mehr Action erwartet. Aber manchmal startet man auf dem falschen Fuß, um so in die richtige Richtung zu gelangen. Das war dann bei einer Produktionsfirma der Fall: dort habe ich das Handwerk Fernsehen von der Pieke auf gelernt.
Du hast mit Showgrössen wie Thomas Gottschalk, Kai Pflaume und Hape Kerkeling gearbeitet. Was hat dich bei der Zusammenarbeit mit diesen Stars am meisten beeindruckt?
Dass sie sehr sensibel sind und viele Entscheidungen allein aufgrund einer momentanen Gemütslage treffen – Künstler eben. Bei Herrn Kerkeling und Herrn Gottschalk beeindruckt ihr unvergleichliches Talent der Spontanität: Die allerwenigsten Moderatoren sind in LIVE-Situationen so auf den Punkt wie diese beiden. Und Kai Pflaume ist wirklich so nett, wie er im TV rüberkommt. Am Set begrüßt er alle Mitarbeiter mit Handschlag – vom Praktikanten bis zum Produzenten. Das macht sonst keiner.
„Wetten Dass..?“ war über Jahrzehnte die Show im deutschen Fernsehen und zwar ohne grosse Änderungen am Format. Nun gehen die Quoten immer weiter zurück. Liegt es am Moderator oder an der Konkurrenz?
Das ist eine gute Frage, auf die es wahrscheinlich keine wirklich gute Antwort gibt. Ich persönlich bin der Meinung, dass Herr Lanz zwar ein guter Talker ist, aber kein Showman, der so eine große Bühne mühelos bespielen kann. Allerdings war es auch das vermutlich schwerste Erbe im deutschen Fernsehen, nach 22 Jahren Thomas Gottschalk in dessen Fußstapfen zu treten. Grundsätzlich glaube ich, dass das Konzept der Show einfach veraltet ist – jede Wette gab es in irgendeiner Form schon mal. Und noch dazu können speziell die jungen Zuschauer nicht mehr dauerhaft überzeugt werden. Nach so langer Zeit sollte man eine derartig erfolgreiche Show auch mal in Würde ruhen lassen.
Welchen Einfluss hatte das Internet auf die Entwicklung von TV-Formaten in den letzten Jahren?
Auf jeden Fall kann man feststellen, dass die Hemmschwelle durch das Internet und durch den generellen gesellschaftlichen Wandel stark gesunken ist. Bei RTL laufen momentan komplett nackte Darsteller auf einer Insel durch die Gegend, in Holland hat man bereits vor Jahren eine “Sperma-Show” gezeigt und in den USA produziert man gerade “Born In The Wild”. In dieser Reality Show bringen Frauen ihr Kind mitten in der Wildnis ohne ärztliche Hilfe zur Welt. Meiner Meinung nach werden dabei die Grenzen des guten Geschmacks definitiv überschritten.
Muss man als Redakteur ganz genau wissen was der Zuschauer will? Wie kann man sich weiterbilden?
Als klassischer Redakteur sollte man auf jeden Fall ein Gespür dafür haben, aber oftmals sieht der Fernsehalltag so aus, dass man ein vom Sender gewünschtes Format einfach umsetzt. Dabei gibt es zwar redaktionellen Spielraum, aber die meisten Konzepte geben eine recht klare Linie vor. Die Herausforderung und der Spaß dabei sind, als Redaktion die gemeinsame Kreativität einfließen zu lassen. Man entwickelt Show-Ideen, lädt interessante Gäste ein oder dreht unterhaltsame Einspielfilme. Immer maßgeschneidert für das Zielpublikum – abhängig von Sender, Genre und Uhrzeit der Ausstrahlung. Eine stetige Weiterbildung in diesem Beruf ist abgesehen von Workshops und Seminaren gar nicht so einfach. Es ist und bleibt ein kreativer Job, bei dem meistens subjektive Aspekte zum Tragen kommen. “Learning by doing” ist an der Tagesordnung. Von Show zu Show wird man vor neue Herausforderungen gestellt – das ist die beste Schule. Und auch das Schöne am Show-Business!
Du warst zuletzt Redaktionsleiter für die Constantin Entertainment - welche Eigenschaften hat ein guter Redaktionsleiter?
Ein guter Redaktionsleiter sollte vor allem Neugierde und Kreativität mitbringen. Sehr wichtig ist die Fähigkeit, ein Team im gemeinsamen Miteinander führen zu können. Delegieren und beobachten, sich dabei aber selber mit allen Themen auch im Detail auseinandersetzen. Ein Redaktionsleiter sollte antizipieren können um Projektschritte vorherzusehen, damit die richtigen Aufgaben im entscheidenden Moment auf das Team verteilt werden. In den verschiedenen Bereichen sollte eine klare Linie bzw. ein klarer Stil etablieret werden, damit eine Show einen roten Faden bekommt.
Du hast vor kurzem ein Unternehmen gegründet - wie kam es zu diesem Schritt?
Den Gedanken, mich selbstständig zu machen, trage ich schon viele Jahre mit mir herum. Ich wollte immer mal eigene Ideen verwirklichen und selbstbestimmt arbeiten. Die Initialzündung für dieses Projekt gab es im Frühling 2013. Damals war ich bei der Firma Angenehme Unterhaltung und habe zum dritten Mal bei der „Goldenen Kamera“ fürs ZDF mitgewirkt. Die Zeit war gekommen für etwas Neues, ich hatte Lust auf Veränderung! Der Gedanke, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, wurde immer klarer und wurde über das Jahr hinweg konkret. Seit Mai 2014 ist es soweit: Ich mache meine ersten Erfahrungen und ersten Schritte – mit großer Begeisterung!
Du konzentrierst dich mit deiner Firma impario auf die Produktion und den Verkauf von Lernvideos für den Freizeitbereich. Welche Überlegung steckt dahinter?
Der Bildungs-Bereich im allgemeinen und die Video-Fortbildung im speziellen, ist meiner Meinung nach ein aufstrebender Markt. Die Leute haben grundsätzlich wenig Zeit und wenig Geduld. Lerninhalte per Video vermittelt zu bekommen, ist sehr bequem und es geht schnell: Man muss nur zusehen und etwas nachmachen oder verinnerlichen. Das Ganze kann man beliebig oft wiederholen – es ist ja in Bewegtbild festgehalten. Ich denke und hoffe, dass der Zeitgeist sich weiterhin in diese Richtung entwickelt.
Die erste Produktion ist bereits online gegangen: www.watchandshake.de - für Leute, die Cocktails wie ein Profi shaken wollen. Findet man auf YouTube hierzu nicht genügend Videos, die man gratis anschauen kann, statt dafür zu bezahlen?
Das ist grundsätzlich völlig richtig, ja. Die Frage ist, wer ist die Zielgruppe? Wer Geld sparen will und die Zeit hat, sich durch YouTube zu klicken, um einzelne Videos von unterschiedlichen Anbietern zusammen zu suchen, in der Hoffnung, dass die Inhalte gut sind, der wird sich für diese Seite nicht begeistern. Wer allerdings eine professionelle Lösung aus einer Hand bevorzugt und sich bequem und professionell fortbilden möchte, der ist auf dieser Seite goldrichtig! Außerdem zeigt einem nicht irgendein Barkeeper, wie man einen anständigen Cocktail mixt, sondern der aktuelle Deutsche Cocktailmeister 2014. Für Qualität ist also auch in dieser Hinsicht gesorgt! Zusätzlich zum Kurs gibt es auch ein Barset im Angebot, das man in Kombination als exklusive Geschenkidee an Freunde verschenken kann. In diesem Sinne: Watch and shake! ☺
Gibt es bereits Ideen für die nächsten Projekte?
Ja, meine Liste an neuen Themen ist lang. Und ich habe auch bereits den einen oder andern Experten im Visier. Wie immer ist aller Anfang schwer und es geht alles nur step by step vorwärts. Vor allem der finanzielle Aspekt ist bei so einem Vorhaben ein nicht zu vernachlässigender Punkt – sollte ein interessierter Investor mitlesen, kann er sich gerne melden. Die Ideenvielfalt ist groß, die Umsetzung bedarf ihrer Zeit – ich freue mich auf alles, was noch kommt!