„Wir machen für unsere Landwirtschaft etwas Ähnliches wie das Scripps Research Institute in der Biotechnologie“

Mittwoch, 05.11.2014

Ein Dauerthema in Südtirol ist die Diskussion über den Brain drain – den Verlust von hochqualifizierten Absolventinnen und Absolventen, die nach dem Studium im Ausland bleiben und arbeiten. Michael Oberhuber hat es umgekehrt gemacht. Nach Jahren im Ausland – er war unter anderem in Österreich und in den USA tätig – hat er 2009 die Leitung des Versuchszentrums Laimburg übernommen. Im Gespräch berichtet er von seiner Begeisterung für sein Fach, seinen Erfahrungen im Ausland und den Möglichkeiten, die Südtirol für hochqualifizierte Rückkehrer bieten kann. 


Sie sind Chemiker – was fasziniert Sie an Chemie?

Die Chemie hat mich immer schon fasziniert, weil sie die grundlegenden Vorgänge der Natur beschreibt und zu verstehen erlaubt. Wie entsteht etwa der Rosenduft im Gewürztraminerwein und wie rieche ich ihn? Wie schafft es ein Gekko, die Wand hinaufzulaufen? Das Verständnis für die Prozesse auf dieser Ebene der Natur erlauben uns nicht nur, die Natur besser zu verstehen, sondern auch, weitere Anwendungen in ganz anderen Bereichen zu entwickeln. 

Sie haben von Österreich aus den Sprung in die USA ans Scripps Research Institute in Kalifornien gewagt – was hat den Ausschlag für diese Entscheidung gegeben?

Wenn man in der Forschung vorankommen will, muss man von den Besten lernen. Ich habe mich bewusst für das Scripps Research Institute (das Scripps Research Institute ist eine private Forschungseinrichtung in San Diego, Kalifornien, die Grundlagenforschung im Bereich der Biowissenschaften betreibt/A. d. R.) entschieden, weil es ein privates Institut ist, also trotz seiner Ausrichtung auf Grundlagenforschung eng mit der Wirtschaft verbunden ist. Zudem haben dort insbesondere in meinem Fachgebiet renommierte Forscherinnen und Forscher gearbeitet. Das hat für mich letztlich den Ausschlag gegeben, in die USA zu gehen.

Wo sehen Sie Unterschiede zur Forschung in Europa?

In den Vereinigten Staaten wird viel mehr und mutiger in Forschung investiert. Zudem genießt die Wissenschaft insbesondere in Kalifornien ein sehr hohes Ansehen in der Bevölkerung, was zu einem aufgeschlossenen Klima gegenüber der Forschung und ihrer Sinnhaftigkeit für das Land bzw. die Gesellschaft beiträgt. 

Wie war es für Sie, nach diesen internationalen Erfahrungen nach Österreich zurückzukommen? 

Die Lebensqualität bei uns ist enorm und es gibt kulturell ganz andere Möglichkeiten als in den USA. Auf der anderen Seite sind wir sehr kleinräumig und heterogen strukturiert, was so Manches erschwert. Im Bereich der Wissenschaft sehe ich Defizite im Bereich der Grundlagenforschung. Mir fehlt hier vor allem die Interaktion mit der Wirtschaft, wie sie in den USA von vornherein gesucht wird. 

Sie haben 2009 die Leitung des Versuchszentrums Laimburg übernommen. Was macht für Sie das Spannende an der Arbeit des Versuchszentrums Laimburg aus?

Das Versuchszentrum Laimburg ist die führende Forschungseinrichtung für Landwirtschaft in Südtirol. Unsere Arbeit ist auf einen Wirtschaftszweig ausgerichtet, der für Südtirol wichtig ist. Unsere Forschung trägt somit zentral zur Weiterentwicklung und zum Fortbestand dieses Wirtschaftszweiges bei. 

Insofern machen wir vom Prinzip her dasselbe für die Landwirtschaft, wie das Scripps Research Institute im Biotechnologiebereich.


Direktor Michael Oberhuber stellt zusammen mit Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler den Laimburg Report 2014 vor. Darin werden Ergebnisse der Laimburg-Forschung der vergangenen zwei Jahre präsentiert.

Wie beurteilen Sie die Möglichkeiten, in Südtirol in der Forschung zu arbeiten – was bietet speziell das Versuchszentrum Laimburg?

Man muss realistisch sein und zugeben, dass die Möglichkeiten in Südtirol in diesem Bereich begrenzt sind. Die Forschungslandschaft ist jung, aber sie wächst und eröffnet damit neue berufliche Perspektiven für Hochqualifizierte. 

Für unsere Forschung ist es sicher von Vorteil, wenn unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Bezug zum Territorium haben und die Situation in der Landwirtschaft kennen. Wir bieten Stellen für Hochqualifizierte für die Forschung im Lebensmittelbereich und in der Landwirtschaft. Wir suchen für unsere Tätigkeiten qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und finden sie – oft – im Land selbst nicht.


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Laimburg
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