"Ein guter Film muss die Liebe zum Thema vermitteln"

Montag, 19.09.2011

Welche Gemeinsamkeiten Südtirol mit Tibet hat, was eine 23-Jährige antreibt einen Achttausender zu besteigen oder sein Blick auf das Sarntal: das sind Themen, die der Filmemacher Armin Widmann nach außen tragen möchte. Der junge Regisseur und Kameramann gibt uns in folgendem Interview einen Einblick in seine ersten Karriereschritte, erzählt, warum ihn das Thema Südtirol fasziniert und was er sich für die Zukunft vorgenommen hat. Einige seiner Dokumentationen hat er uns freundlicherweise im passwortgeschützten Bereich der Südstern-Homepage zur Verfügung gestellt.

 

 

Armin_widmann_portrait

 

1. Wann haben Sie Ihr erstes Video gedreht und um was ging es dabei?

Mein erstes Video...das weiss ich nicht mehr genau. Bereits mit 16 Jahren habe ich auf der Heimvideokamera experimentiert und am Computer animiert und geschnitten. Den ersten „richtigen Spielfilm“habe ich bei den Projekttagen in der Septima/Lyzeum gedreht. Da war ich 18 Jahre alt und habe das Drehbuch dazu geschrieben. Es war ein Krimi, wobei es darum ging das Buch des Freimaurers Caliostro sicherzustellen, das die Formel zur Golderzeugung aus Blei beinhaltete. Selbstverständlich gab es auch einen mutmasslichen Mörder, eine Leiche und einen Detektiv.

 

2. Was war Ihr erster professionell gedrehter Film?

Das war die offizielle Filmdokumentation über Schloss Runkelstein bei Bozen für den RAI Sender Bozen. Die einmaligen Freskenschätze wurden damals neu restauriert und die Burg der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Viele dieser Fresken befinden sich hoch oben auf den Wänden. Ich wollte sie erstmals auf Augenhöhe zeigen, weshalb wir einen ferngesteuerten Kamerakran einsetzten. Zahlreiche Spiel-und Kampfszenen mit Darstellern in historischen Gewändern versetzten den Zuschauer zurück ins Mittelalter; der bekannte deutsche Moderator Elmar Gunsch führte als Erzähler durch den Film.

 

3. In vielen Ihrer Dokumentationen geht es um Südtirol. Was reizt Sie an dem Thema?

Südtirol, das ist die Heimat! Südtirol ist für mich: die schönsten Berge, herrliche Tal und Flurlandschaften, herausragende Persönlichkeiten und grosser Reichtum an Kultur. Südtirol ist schier unerschöpflich an faszinierenden Themen, die ich den Einheimischen eröffnen, aber auch nach aussen tragen möchte.

 

Dreharbeiten_im_rohrerhaus

 

4. Auf welche Ihrer Arbeiten sind Sie besonders stolz?

Da möchte ich vielleicht die Filmdokumentation über den Vergleich Alpen und Himalaya (Filmtitel: Tshering – Leben in den Alpen und im Himalaya) hervorheben, die auch mehrfach bei verschiedenen internationalen Filmfestivals (Trento Filmfestival/Italien, Outdoor Filmfestival Prag/Tschechische Republik und Cine International Montana/USA) ausgezeichnet worden ist. Dabei habe ich erstmals diese beiden faszinierenden Bergregionen einander gegenübergestellt indem ich das Leben der Bauern mit seinen Festen, Traditionen, Handwerken und Speisen beobachtet habe. Dabei kamen viele erstaunliche Ähnlichkeiten zum Vorschein, einige Dinge sind gar identisch.

 

Armin_widmann_ama_dablam

 

5. In der Dokumentation "Der Traum vom Achttausender" waren Sie in Nepal. Was haben Sie dort erlebt?

Eine Fahrt nach Nepal in den Himalaya bedeutet für mich jedesmal die Rückkehr in meine zweite Heimat, denn meine Frau stammt von dort. Diesmal hatte ich den Auftrag vom amerikanischen Bekleidungshersteller „The North Face“ ihre Topathleten, geführt vom italienischen Spitzenextrembergsteiger Simone Moro filmisch zu begleiten. Auch eine junge Südtirolerin war dabei, Tamara Lunger aus dem Eggental; es sollte ihr erster Achttausender-Gipfel werden. Das ist eine sehr ungewöhnliche Sache wenn eine 23jährige auf einen so hohen Berg hinauf will. Daher habe ich entschlossen, ihr ein eigenes Portrait zu widmen.

 

Armin_widmann_simone_moro_island_peak_basecamp_klein

 

6. Welche Eigenschaften muss ein Regisseur haben?

Er muss Geschichten erzählen können und dabei das Publikum fesseln. Eine gute Allgemeinbildung hilft ihm dabei wesentlich. Ich bin sehr froh Fränzi (humanistisches Gymnasium der Franziskaner) gegangen zu sein. Er muss in Bildern denken können und diese Bilder umsetzen können. Das heisst: er hat die Gabe sich in etwas hineinzuversetzen, es zu erfassen und in Form einer gut funktionierenden und spannenden Handlung wiederzugeben. Er muss auch etwas von der ganzen Film-Technik verstehen, um mit seinen Kamera- und Tonleuten richtig komunizieren zu können und folglich auch zu verstehen, was in einer bestimmten Situation möglich ist und was nicht. Und was besonders wichtig ist: ich finde dass man als Regisseur den Auftrag hat, gute und gesunde Werte durch das Filmmedium zu vermitteln.

 

7. Welche Regisseure inspirieren Sie?

Ich kann eigentlich nicht behaupten mich je an Vorbilder gehalten zu haben. Ich habe selbst sehr viele Ideen, die ich dann stilgerecht umzusetzen versuche. Nachdem ich hauptsächlich für das Fernsehen produziere, orientiere ich mich vornehmlich an den qualitativen Vorgaben der großer TV- Anstalten wie ORF, Bayerisches Fernsehen oder Servus TV. Ich möchte aber dennoch jemanden hervorstreichen, dem mein ganzer Respekt gilt: der Wiener Regisseur und Produzent Georg Riha. Er ist jemand der in sehr grossen Bildern denkt und Visionen umsetzt. Mit seiner ausgereiften und selbstentwickelten Kameratechnik hat er im Dokumentarfilmbereich Neuland betreten inwiefern er absolut neue Perspektiven für das Betrachterauge erschlossen hat. Seine Kamera schwebt, fliegt oder sieht Dinge im Lauf von mehreren Jahren. Nicht zuletzt muss ein Regisseur also auch ein bisschen Träumer sein, der sehr stark an seinen Träumen arbeitet.

 

8. Was war Ihrer Meinung nach die beste filmische Dokumentation der letzten 10 Jahre?

Es gibt zahlreiche sehr gute Dokumentationen. Eine davon die Beste zu nennen wäre sicherlich vermessen. Ich kann also nur sagen, welcher Film eine ganz besondere Wirkung auf mich ausgeübt hat: der mehrfach ausgezeichnete und oscarnominierte Film von Byambasuren Davaa „Die Geschichte vom weinenden Kamel“. Es handelt sich um einen teils inszenierten Kino-Dokumentarfilm dessen langsames, peotisches Erzähltempo mit seinen wunderschönen Bildern aus der Wüste Gobi eine wahre Wohltat für jeden Film-Geniesser ist. Leider findet man bei den Fernsehdokumentationen kaum etwas von dieser Poesie. Ich bin der Meinung dass ein guter Film zu Herzen gehen muss, bzw. die Liebe des Regisseurs zum Thema vermitteln muss.

 

Dreharbeiten_klockeln

 

9. Welche Themen und Projekte haben Sie sich für die Zukunft vorgenommen?

Da gibt es einmal eine sehr interessante Filmdokumentation über den ersten Satellit aus Südtirol. Dieses Projekt, das längst internationales Aufsehen erregt hat, wird von den Schülern und Professoren des Max Valier Institutes mit Hilfe vom Vinschgauer Raumfahrtexperten Manfred Fuchs durchgeführt. Ausserdem steht ein Projekt über die Entwicklungszusammenarbeit zwischen der Berufsfeuerwehr von Bozen und der Gemeinde von Kathmandu auf dem Programm. Dort gibt es nämlich nur eine sehr spärlich ausgerüstete Feuerwache, die demnächst ausgemusterte, aber trotzdem bestens funktionierende Einsatzfahrzeuge aus Bozen bekommen soll.

 

 

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