MCI-Stipendiengewinner Philipp Frener im Interview: 8 Fragen querbeet
Das etwas andere Interview mit dem MCI-Stipendiengewinner Philipp Frener. Der gebürtige Brixner über Südstern, die Staaten und Südtiroler in New York.
Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Südstern-Stipendiums des MCI Innsbruck, lieber Philipp! Was waren deine Beweggründe, dich dafür zu bewerben?
Danke! Um es auf einen Punkt zu bringen: Ich möchte wirtschaftliche Zusammenhänge besser verstehen, mir Wissen im Management aneignen und beide in meinem beruflichen Umfeld einsetzen. Die Erfahrungen, die man bei der Arbeit sammelt, sind einzigartig und können mit keiner noch so fundierten schulischen Ausbildung aufgefangen werden. Gleichzeitig möchte ich das Spezialwissen, das ich mir in meiner Arbeit aneigne, auf ein breiteres Fundament stellen. Insofern hat mich der MBA selbst interessiert, wobei das Südstern-Stipendium und die etablierten Beziehungen zwischen dem MCI und Südtiroler Unternehmen zusätzliche Anreize geschaffen haben.
Nun lebst und arbeitest du ja in New York - wie gut ist ein solches zweijähriges Studium vom Ausland aus nebenberuflich machbar?
Das Studium ist ziemlich klar strukturiert und ich habe bereits jetzt den Studienplan für die kommenden zwei Jahre erhalten. Ich kann mich also gut darauf einstellen, sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld.
Natürlich gibt es auch Präsenzpflichten - online genauso wie direkt vor Ort in Innsbruck. Aber beide lassen sich gut in meinen Arbeitsalltag integrieren. Organisatorisch gesehen, ist das Studium also für mich selbst von den USA aus sehr gut machbar. Die eigentliche Herausforderung liegt vielmehr darin, aus dem Online MBA das Maximale für meine Arbeit bei Loacker herauszuholen.
In deinem Lebenslauf lesen sich berufliche Stationen bei der oew oder als persönlicher Assistent des Brixner Bürgermeisters. Was hat dich dazu bewogen, für die A. Loacker AG nach New York zu ziehen?
Tatsächlich war meine Entscheidung, nach New York zu ziehen, rein privater Natur. Das war vor etwas mehr als zwei Jahren. Glückliche Umstände brachten es mit sich, dass kurze Zeit später eine Stelle im New Yorker Büro der A. Loacker AG besetzt werden sollte. Bevor es aber in die USA ging, habe ich ein sechsmonatiges Training im Unternehmen in Südtirol absolviert. Für diese Zeit bin ich sehr dankbar: Sie gab mir Einblick in unterschiedliche Unternehmensbereiche und in die Unternehmenskultur. Das Verständnis von beidem ist wichtig, um im Ausland gute Arbeit für ein Südtiroler Unternehmen leisten zu können.
Die erste von zwei obligaten Südstern-Fragen: Planst du, wieder nach Südtirol zurück zu kehren? Wenn ja, innerhalb wann?
:-). Das ist in der Tat eine typische Südtiroler-Frage. Es war bei mir ja eine private Entscheidung, aus Südtirol wegzugehen. Ich bin mit einem Amerikaner verheiratet und somit ist es jetzt nicht nur mehr mein Leben, sondern unser Leben. Wenn ich mich jetzt festlegen würde, müsste ich mir wahrscheinlich früher oder später auf die Zunge beißen. Ich kann nur so viel sagen: Derzeit fühlen wir uns beide in New York sehr wohl und sehen keinen Grund, morgen die Koffer zu packen.
Bringen wir das Thema "Rückkehr" auf die berufliche Basis: Südstern will ja nicht unbedingt Südtiroler wieder zurück ins Land holen, sondern die Südsterne im Ausland untereinander vernetzen und - im besten Fall - das Know How der Südsterne für Südtirol und seine Wirtschaft nutzbar machen. Sind Entwicklungen in Richtung "digital nomads" zukunftsfähig?
Absolut! Wir haben alle Möglichkeiten, von allen Plätzen der Welt aus zu arbeiten. Teilweise gibt es diese Entwicklung auch schon in Südtiroler Unternehmen: Sie beschäftigen Mitarbeiter in den verschiedensten Orten der Welt, die von dort aus - in fester Struktur oder von zu Hause aus - zu unterschiedlichen Zeitzonen arbeiten.
Klar ist aber auch, dass man für diese Art von flexibler Arbeit auch geschaffen sein muss, der richtige Typ Mensch sein muss. Für viele Menschen ist es wichtig, einen Arbeitsplatz und somit ein geregeltes Arbeitsleben zu haben; das beginnt morgens mit dem Weg zur Arbeit und endet am Abend mit der Rückfahrt. Diese Menschen brauchen den Abstand zwischen Arbeits- und Lebensumfeld.
Andere wiederum mögen es, wenn sie sich direkt von zu Hause aus in die Arbeit stürzen können. Ich denke, diese Art zu arbeiten, wird sich weiterhin entwickeln. Und wie bei allen anderen Recruiting-Verläufen muss eben auch hier die richtige Person für die richtige Arbeit gefunden werden.
Südstern vernetzt die Südtiroler im Ausland. Wann bist du Südstern geworden? Was ist gut an Südstern; wo können wir uns verbessern?
Ohne mich festlegen zu wollen... Ich glaube, ich bin Südstern geworden, als ich zum ersten Mal in den USA war - damals in Chicago. Für mich war es auf jeden Fall sehr gewinnbringend, diesem Netzwerk beitreten zu können. Und hier liegt wahrscheinlich auch die Herausforderung für die Zukunft: Das Netzwerk nachhaltig zu stärken. Ich denke, das gelingt - wie bei vielen anderen Vereinen auch - mit den richtigen Menschen am richtigen Ort: es braucht Leute, die die Sprungfedern im System sind, die ihrerseits wiederum Menschen mitziehen und die auch die Initiative ergreifen, Südsterne zusammenzurufen und die Möglichkeiten zu schaffen, sich im Ausland zu treffen - so, wie es im Grunde mit den Südstern-Planeten eh bereits passiert.
Abschließend die zweite obligate Südstern-Frage: Was muss ich in New York unbedingt gesehen haben bzw. was vermisst du an Südtirol?
Diese Frage habe ich schon kommen sehen - und hier ist sie! :-) New York ist groß genug, dass jeder, der hier herkommt, Orte findet, an denen er sich wohlfühlt: das kann eine Rooftop-Bar sein, ein Strandabschitt oder ein Stadtviertel mit einem besonderen Flair. Gleich zu Beginn habe ich natürlih einen Teil des "Pflichtprogrammes" in Manhattan abgearbeitet. Jetzt aber halte ich mich lieber in Brooklyn auf, wo ich auch wohne. Und weil mir - um auf den zweiten Teil der Frage zu kommen - das Grün der Südtiroler Landschaft doch etwas abgeht, laufe ich im Prospect Park regelmäßig meine 10 Kilometer. Denn im Unterschied zum Central Park habe ich im Herzen von Brooklyn das Gefühl, nicht in der City zu sein, sondern draußen "auf der Weite". Und das ist eigentlich auch die Botschaft, die ich den New York-Besuchern aus Südtirol mitgeben möchte: Mach den Central Park, aber wenn du dich austoben willst, komm in den Prospect Park. Quetsche dich durch die Menschenmenge am Times Square, aber gib dir auch das Lichterspiel am Strand von Coney Island. Nimm die Brooklyn Bridge in die eine Richtung, aber die Manhattan Bridge in die andere Richtung. Nimm die U-Bahn aus dem letzten Jahrhundert, aber trete auch mal in die Pedale eines Citybike. Und iss dich durch die letzten vegetarisch-veganen-glutenfreien Trends in Williamsburg, aber probier auch ein Steak in Red Hook.
Diese Zusatzfrage möchte ich dir - du hast Politikwissenschaften studiert - doch noch stellen: Was ist dein Statement zu Donald Trump, der die europäischen Medien wie kaum ein anderer mit teils skurrilen Handlungen, Aussagen oder Tweets in Atem hält?
Du hast recht, Trump offenbart als Präsident ziemlich ausgeprägte Ecken und Kanten, an die man sich erst mal gewöhnen muss: Wie jeder reife Mann über 70, hat auch Trump festgefahrene Sichtweisen, unumstößliche Gewohnheiten und eine deutlich limitierte Strapazierfähigkeit.
Trumps Vorgänger Barack Obama, der 47 war, als er das erste Mal ins Weiße Haus gewählt wurde, ist mit dem Amt gewachsen. Trump hingegen lernt nicht mehr dazu, kann und will es auch nicht. Die politische Teamarbeit nervt ihn; am konsensorientierten Kompromiss findet er keine Freude. Empfängnisbereit ist er nur dann, wenn es viel Lob, tapferes Schulterklopfen und loyales Nicken gibt.
Das Resultat sind Extrempositionen - Nein zu Freihandelsabkommen. Nein zur Gesundheitsreform. Nein zu Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Erwärmung. Nein zu gesellschaftlichem Pluralismus - die ausgerechnet bei jenen Gehör finden, die am meisten von weitreichenden öffentlichen Maßnahmen zur Ausbildung, Weiterbildung, Umschulung, Arbeitsförderung, Gesundheitserziehung, medizinischen Grundversorgung usw. profitieren würden.
Man darf sich nichts vormachen: Die niedrigen Arbeitslosenzahlen in den USA täuschen darüber hinweg, dass viele - nicht nur gefühlt - kein Auskommen mit dem Einkommen haben, selbst in New York, wo vergangenes Jahr fast 130.000 Menschen mindestens einmal eine Notschlafstätte aufgesucht haben. Nun, Trump ist mit Sicherheit kein Vorkämpfer gegen Armut, aber er versteht es, aus der Einkommensschere politisches Kapital zu schlagen.
Vielen herzlichen Dank für das Gespräch!
Sehr gerne, danke!